Ganzheitlich trainieren und fit werden

Ich war immer vielseitig, aber nie ganzheitlich unterwegs. Es macht einfach viel mehr Spaß das zu tun, was leicht gelingt, worin man schon gut ist und schnelle Erfolgsmomente erlebt. Koordinationsübungen, Stretching-Einheiten und Stabi-Workouts sind nun wirklich nicht gerade das Highlight des Läufer-Daseins. Doch wenn wir ganzheitlicher denken und agieren, können wir viel mehr erreichen und eine höhere Lebensqualität erzielen. Wie trainiere ich ganzheitlich, was dazu gehört und wie es gelingt? Einfacher als es sich zunächst vielleicht anhört…

ganzheitlich trainieren

„Kümmere dich um deinen Körper. Es ist der einzige Ort, den du zum Leben hast.“ (Jim Rohn)

Wie schafft man es, rundherum fit zu sein?

Ich habe vier Brüder, die alle sehr fit sind – und maßgeblich dazu beigetragen haben, dass ich heute so sportverrückt bin. Aber einer von ihnen ist mir ein großes Vorbild, wenn es um ganzheitliches Trainieren geht. Er hängt das nicht an die große Glocke, aber ich kann mich daran erinnern, dass er nie nur gelaufen ist, sondern immer auch Volleyball, Fußball und Tischtennis gespielt hat, dass er als Student mit Fackeln Jonglieren lernte, bis heute regelmäßig im Wald auf einer Slackline balanciert (wofür ich niemals die notwendige Geduld zum Üben aufbringen würde) und öfter schwimmen geht und mit dem Rad zur Arbeit fährt.

Er macht morgens eine Zeit der Stille, egal wie viele Termine an dem Tag auf ihn warten. Dabei hat er Frau und Kinder – die glücklicherweise auch gerne aktiv sind. Er ist diszipliniert und vielseitig, aber das Geheimnis dahinter ist ein anderes: Er denkt und lebt seit vielen Jahren ganzheitlich.

ganzheitlich trainieren mit einer vielfalt an sportarten

Körper, Geist und Seele arbeiten Hand in Hand und beeinflussen sich gegenseitig. Komischerweise habe ich das früher nie gesehen. Ich habe mich immer gewundert, warum mein großer Bruder all diese Dinge tut. Er ist – im Gegensatz zu mir – nicht ständig verletzt. Hat nicht so viele Dysbalancen und Schwachstellen. Vielleicht sollte ich mal damit anfangen, nicht immer nur das zu machen, was mir beim Sport auf Anhieb Spaß macht und sofort gelingt? Kann man ganzheitlich fit sein oder muss man sogar ganzheitlich trainieren, um in einer Sache wirklich gut zu werden?

Wer ganzheitlich lebt kommt weiter!

Ganzheitlich leben heißt beides zu involvieren: das was Spaß macht und das was Sinn macht. Nicht nur an Heute zu denken, sondern so zu leben, dass es langfristig zu Erfolgen, Gesundheit und Wohlbefinden führt.

Wenn man Profi-Läufer fragt, begreift man schnell, dass Sport nicht nur Spaß macht. Es wird nicht nur gelaufen: Krafttraining und Mobilisation, Zeiten zum Erholen, Physiotherapie oder Massage, Faszientraining, Fußkräftigung, Dehnen, Techniktraining und andere Maßnahmen bilden einen großen und wichtigen Schwerpunkt und nehmen viel Zeit in Anspruch. Zeit, die wir nicht haben. Oder nicht zu haben glauben oder uns nicht nehmen. Ich schnüre mir einfach nach einem langen Arbeitstag lieber die Laufschuhe und renn mir den Stress von der Seele, denn dabei und danach fühle ich mich immer gut. Nach einer Stunde Yoga, Lauf-ABC oder Mobilisation sieht das anders aus. Sie lassen mich irgendwie unbefriedigt zurück.

Aber: Als ich gemerkt habe, wie sehr Krafttraining, Entspannungstechniken und Dehn- sowie Mobilisationseinheiten mir in der Laufhaltung, beim Trailrunning und bei verschiedensten Laufzielen geholfen haben, kam auch der Spaß an diesen Maßnahmen.

Es gibt für mich zwei Sorten von „Glücksmomenten“ oder Belohnungssystemen beim Sport:

  1. Das sofortige Eintreten von Freiheit, Unbeschwertheit und der Ausschüttung von Glücksgefühlen
  2. Das gute Gewissen, das Wissen nach dem Training, dass ich etwas Gutes für mich getan habe, was ich vielleicht jetzt nicht besonders stark empfinde – aber auf Dauer spüren werde

Und wenn man Glück hat, entwickeln die „Pflicht-Einheiten“ mit der Zeit auch einen „Fun-Faktor“. Ich habe mich mit Aqua-Joggen, Dehnen, Pilates und Entspannungskursen erst anfreunden müssen. Heute machen mir viele dieser Aktivitäten wirklich Freude.

Ich habe einige ehemalige Profisportler in den letzten Jahren getroffen, die keinerlei Freude mehr am Training haben, weil alles nur noch weh tut. Sie waren für ein paar Jahre sehr erfolgreich, haben aber in dieser Zeit Raubbau an ihren Körpern getrieben. Und wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich auch – ohne Profi zu sein – oft die gleichen Fehler gemacht. Wenn wir nicht ganzheitlich denken und leben neigen wir dazu zu übertreiben.

Was ist ein ganzheitlicher Ansatz?

Alles steht miteinander in Verbindung. Nicht nur unsere Körper-Funktionen sind ein komplexes Zusammenspiel: Körper, Geist und Seele sind untrennbar miteinander verbunden und beeinflussen sich wechselseitig. Wenn etwas „ganz“ ist, dann ist es noch heile, unverdorben, unverletzt, vollständig.

Wenn man etwas ganzheitlich betrachtet oder ein Projekt ganzheitlich angehen will, dann schaut man sich das Thema umfassend an, versucht mit einer gewissen Weitsicht möglichst viele Aspekte und Zusammenhänge miteinzubeziehen, um ein vollständiges Bild zu erhalten. Das kann verschiedene Bereiche umfassen: Auf Ursachenforschung zu gehen, Ziele zu bestimmen, Eigenschaften, Beziehungen und Wechselwirkungen zu erkennen, Werte, Regeln, die Rahmenbedingungen und absehbare Folgen.

Das Ganze besteht eben meist aus verschiedenen Teilen.

In der ganzheitlichen Medizin wird der ganze Mensch in seinem Lebenskontext betrachtet und behandelt. Man spricht auch von holistischer Medizin. Hier gilt es dem Menschen in seiner Einheit aus Körper, Geist und Seele, seinen Werten und Idealen, seiner Lebensweise (Sport, Ernährung, Stress, Entspannung, Muster…) zu begreifen.

In der ganzheitlichen Ernährung („Holistic Food“) geht es auch darum, den Menschen immer in seiner Gesamtheit zu sehen und die Ernährung optimal auf die individuellen Bedürfnisse abzustimmen. Nicht jeder reagiert gleich auf bestimmte Lebensmittel, die Uhrzeiten bei den Mahlzeiten und die Kombinationen von Nahrungsmittel nehmen zum Beispiel auch erheblichen Einfluss darauf, wie der Körper die Mahlzeiten „wegsteckt“.

Wir sollten beobachten, was uns guttut und was nicht und dann unsere Ernährung daraufhin ausrichten. Dafür bräuchten wir aber wieder ein Gefühl für unseren Körper, müssten mal wieder richtig hinhören, reinhorchen.

ganzheitlich trainieren verschiedene sportarten ausfuehren

Wie trainiere ich ganzheitlich?

Tipps für mehr Ganzheitlichkeit im Leben und Sport

Dass ganzheitliches Training besser ist, macht Sinn. Doch wie gelingt es konkret, einen ganzheitlicheren Ansatz auch umzusetzen? Am allerwichtigsten ist es herauszufinden, was deine starken und was deine bisher etwas vernachlässigten Muskelgruppen oder Trainingsbereiche sind.

Mir hat es geholfen, mal einen Test zu machen, bei dem zum Beispiel die Kraft vom linken und rechten Bein, vom linken und rechten Arm, vom unteren Rücken und Bauch sowie den Schultern gemessen wurde. Da habe ich sofort schwarz auf weiß meine Stärken und Defizite gesehen und konnte daraufhin reagieren.

Hier ein paar Anregungen

  1. Ab sofort eine Einheit pro Woche von der Straße ins Wasser verlegen (Schwimmen oder Aquajoggen. So reduzierst du die Stoßbelastung und stärkst deinen gesamten Körper)
  2. Einmal pro Woche das Dehnen oder Faszientraining mit Filmgucken verbinden
  3. Morgens ab sofort 5 Minuten nach dem Aufstehen damit verbringen sich zu strecken und räkeln, Hände und Füße kreisen, „die Raupe“ machen oder ein paar Übungen, die deinem Körper einfach nur guttun.
  4. Laufen gibt es nicht mehr ohne kurzes Mobilisationsprogramm
  5. Eine lange Einheit ab sofort nicht mehr in Laufschuhen absolvieren, sondern dafür lieber eine lange Tour mit dem Rennrad oder Mountainbike machen
  6. Im Büro alle 20 Min eine kurze Pause auf dem Balance-Bad einlegen
  7. Beim Essen mal eine Woche darauf achten, dass dein Körper das kriegt, was er wirklich braucht – und dokumentieren, wie du dich 2 Stunden nach den Mahlzeiten fühlst.
  8. Gemeinsam macht Lauf-ABC und Treppentraining mehr Spaß – suche dir eine „ganzheitliche Selbsthilfe-Trainingsgruppe“ 😉
  9. Schlingentrainer statt Hanteln nutzen
  10. Ab sofort mit der schwachen Hand die Zähne putzen oder den Tisch abwischen

Wir helfen dir, ganzheitlicher zu trainieren!

Wie ernährt man sich sinnvoll für ein besseres Körpergefühl mit weniger Körperfett und mehr Vitalität? Wie sieht ein ganzheitliches Lauftraining im Alltag aus? Was können wir von Profis und ambitionierten Läufern lernen? Oder wie sieht die Macht der Hormone aus?

Lass dir vom lebensfrohen Grenzgänger, Extremsportler und Forscher Dr. Michele Ufer in unserer Podcastfolge Lust auf neue Ziele, Grenzverschiebungen und Abenteuer machen.

Wir werden dich motivieren, deine Trainingseinheiten mal anders aufzubauen oder neu zu kombinieren, deinen Sport mal aufs oder ins Wasser zu verlagern (Was bringt Aquajogging?), einen Triathlon zu wagen oder einfach mal neue Reize im Krafttraining durch Slow Motion zu setzen. Außerdem testen wir einige Tools, die Läufer dabei unterstützen sollen, gesünder unterwegs zu sein – schau dir doch mal unseren „Laufmaus-Test“ und das Interview mit einem Experten an.

Wir geben dir Tipps von Medizinern, Forschern, Athleten und Ernährungswissenschaftlern mit auf den Weg in ein ganzheitlicheres Leben (Zum Podcast: Innere Stärke macht den Unterschied).

Ich wünsche dir, dass du heute den Mut findest, deinen Sport, deine Ernährung und deinen Alltag mal unter eine ganzheitliche Lupe zu nehmen und zu schauen, wo du vielleicht jetzt mit kleinen Maßnahmen deinem ganzen Körper dauerhaft etwas Gutes tun kannst (Ist Schröpfen gut für Läufer?).

Welche Körperteile – zum Beispiel die Füße – dringend mehr Zuwendung brauchen und wie du ihnen helfen kannst, ihre Funktionen von nun an besser auszuführen (Was bewirken basische Fußbäder?). Dein Körper ist der Ort, in dem du in diesem Leben zuhause sein darfst. Er ist ein kostbares Geschenk und sollte gepflegt werden. Und es gibt viele kleine Hilfsmittel, die dabei helfen können, auch in einem vollen Terminkalender Zeitfenster dafür zu finden. Wo ein Wille ist, ist irgendwo auch ein Pfad.

Deine Tabitha

Unterschrift Tabitha Bühne
Portrait Tabitha Bühne Chefredaktion RUNTiMES

„Ganzheitlich Denkenden gelingt es leichter, Herz und Hirn unter einen Hut zu bringen.“ (Ernst Ferstl)

Fotos: David Bühne

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