Wenn es vom Po ins Bein zieht: Das Piriformis-Syndrom und der Ischiasnerv bei Läufern
Ein stechender Schmerz tief im Gesäß, der bis ins Bein zieht – viele Läufer kennen dieses unangenehme Gefühl. Oft steckt der Piriformis-Muskel dahinter. Dr. Ulrich Bader, Orthopäde in der OrthoPraxis Gräfelfing, erklärt, was die Beschwerden auslöst, wie man sie erkennt und wieder loswird.
Wenn es vom Po ins Bein zieht steckt oft der Piriformis-Muskel dahinter
Ein kleiner Muskel mit großer Wirkung
Kaum jemand kennt ihn, dabei kann er Läufern das Leben richtig schwer machen: den Piriformis-Muskel. Der birnenförmige Muskel liegt tief im Gesäß, stabilisiert die Hüfte und dreht den Oberschenkel nach außen – bei jedem Schritt. Problematisch wird es, wenn er zu fest oder zu dick wird: Direkt unter ihm verläuft der empfindliche Ischiasnerv. „Verhärtet der Piriformis, klemmt er den Nerv ein wie ein zu enger Schuh – und genau das verursacht den typischen stechenden Schmerz“, erklärt Dr. Bader.
Besonders Läufer sind gefährdet
„Überlastung durch zu schnellen Trainingsaufbau oder ein ungünstiger Laufstil setzen den Piriformis unter starke Spannung“, so der Orthopäde. „Auch muskuläre Dysbalancen oder eine schwache Rumpfmuskulatur erhöhen das Risiko.“
Rücken oder Piriformis – woher kommt der Schmerz?
Nicht immer ist der Piriformis die Ursache. Auch Bandscheibenprobleme oder Arthrose an den Wirbelgelenken können den Ischiasnerv reizen. „Typische Warnsignale für ein Problem an der Wirbelsäule sind Schmerzen, die bis in den Fuß oder sogar in die Zehen ausstrahlen – oft begleitet von Taubheitsgefühlen oder Kribbeln“, erklärt Dr. Bader. „Wenn zusätzlich Muskelschwäche auftritt, etwa wenn man den Fuß nicht mehr richtig anheben kann, ist das ein Alarmsignal. Dann sollte man sofort ärztlichen Rat einholen und ein MRT machen lassen.“
Beim Piriformis-Syndrom bei Läufern liegt die Ursache dagegen tiefer im Gesäß. Der Schmerz zieht meist nur bis zum Knie und lässt sich verstärken, wenn man gezielt auf einen Punkt hinter dem großen Rollhügel (Trochanter major) drückt. „Das ist ein klarer Hinweis darauf, dass der Piriformis den Ischiasnerv einklemmt“, sagt der Experte.
Therapie: Schmerzen lindern, dann lockern
Zu Beginn geht es darum, die akuten Beschwerden zu beruhigen. Entzündungshemmende Schmerzmittel können helfen, den Teufelskreis aus Schmerz und Verspannung zu durchbrechen. „Wenn die Ursache von der Wirbelsäule ausgeht, kann der Orthopäde zusätzlich eine gezielte Injektion geben – etwa mit einem lokalen Betäubungsmittel oder einem cortisonhaltigen Präparat“, erklärt Dr. Bader. „In vielen Fällen bessern sich die Beschwerden schon nach drei bis fünf Tagen deutlich.“
Lockern, dehnen, kräftigen
Sobald der akute Schmerz nachlässt, ist gezielte Bewegung das A und O. Dehnungen, Faszienrollen und sanfte Rotationsübungen helfen, den Piriformis zu entspannen. „Besonders effektiv sind Dehnungen im Sitzen oder Liegen, bei denen das betroffene Bein über das andere geschlagen und zur Brust gezogen wird“, sagt Dr. Bader. Auch der Ischiasnerv kann durch spezielle physiotherapeutische Übungen mobilisiert werden – das ist zwar nicht immer angenehm, kann die Reizung aber lösen.
Wärme, Massage und alternative Belastungen
Wärme lockert die verspannte Muskulatur und kann den Schmerz schnell lindern. Auch Massagen sind hilfreich, sollten aber mit Dehnübungen kombiniert werden. „Langfristig führt nur die Kombination aus Dehnung, Kräftigung und Techniktraining zu einer echten Verbesserung“, betont Dr. Bader. Läufer sollten in der akuten Phase das Training reduzieren oder auf Radfahren und Schwimmen ausweichen.
Vorbeugung – das A und O
Ein stabiles Fundament aus Rumpf-, Hüft- und Gesäßmuskulatur ist der beste Schutz vor dem Piriformis-Syndrom. Kräftigungsübungen wie Ausfallschritte oder Seitstütz-Varianten sind ideal. „Wer häufiger Probleme hat, sollte seinen Laufstil professionell analysieren lassen – eine zu starke Außenrotation der Hüfte kann den Piriformis dauerhaft überlasten“, rät Dr. Bader.
Regelmäßiges Faszientraining, dynamische Dehnübungen nach dem Laufen und ein achtsamer Trainingsaufbau sind ebenso wichtig. „Lieber drei kürzere Läufe als ein zu langer Dauerlauf – der Piriformis reagiert empfindlich auf Überlastung.“
Unser Experte: Dr. Ulrich Bader ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in der OrthoPraxis in Gräfelfing. Dr. Bader besitzt große Expertise in der konservativen und operativen Behandlung von Hochleistungssportlern und Freizeitsportlern. Mehr Infos: www.ortho-graefelfing.de
Autorin: Gabriele Hellwig
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