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Läuferhüfte – wenn die Sehnenplatte zwickt

Seitliche Hüftschmerzen beim Laufen? Dahinter steckt oft das Iliotibiale Bandsyndrom (ITBS) – unter Läufern besser bekannt als Läuferhüfte. Orthopäde Dr. Ulrich Bader erklärt, wie man die Schmerzen in den Griff bekommt und langfristig vorbeugt.

Extra-Tipp: Warum Deadlifts, Monster Walks, Clamshells und Bridging so wichtig sind

Läuferhüfte vorbeugen und behandeln

Das Iliotibialband – kurz IT-Band – ist eine straffe Sehnenplatte, die vom Becken bis zum Schienbein zieht. Es hält die Hüfte beim Laufen stabil. „Wenn dieses Band ständig unter Spannung steht, kann es sich entzünden und Schmerzen verursachen“, sagt Dr. Ulrich Bader, Orthopädie in Gräfelfing. Medizinisch spricht man dann vom Iliotibialen Bandsyndrom (ITBS) – unter Läufern meist als Läuferhüfte bezeichnet.

Ursachen – warum trifft es so oft Läufer?

Die Klassiker sind klar: zu viel Training, zu wenig Pause, harter Untergrund oder unpassende Schuhe. Auch muskuläre Ungleichgewichte im Hüft- und Rumpfbereich erhöhen das Risiko. Wer eine Beinlängendifferenz hat, ist zusätzlich gefährdet – und zwar meist auf der längeren Seite, weil dort die Belastung fürs IT-Band am größten ist. „Im Grunde ist es fast immer eine Fehlbelastung“, sagt Dr. Bader. „Entweder durch Technik, falsches Training oder schlicht zu wenig Regeneration.“ Auch Fußfehlstellungen oder ein unrundes Laufbild können das ITBS begünstigen – hier hilft gegebenenfalls eine Laufanalyse.

Diagnostik und Abgrenzung

Ob wirklich ein ITBS hinter den Hüftschmerzen steckt, zeigt am zuverlässigsten die Untersuchung beim Orthopäden. „Die klinische Untersuchung ist hier das Wichtigste“, sagt Dr. Bader. Manchmal kommen Röntgen oder Ultraschall dazu, in speziellen Fällen auch ein MRT. Denn hinter Hüftschmerzen steckt nicht immer ein ITBS. Der oft verwendete Begriff „Läuferhüfte“ ist ohnehin kein fest umrissenes Krankheitsbild, sondern ein Sammelbegriff für unterschiedliche laufbedingte Beschwerden. Dazu zählen neben dem ITBS etwa eine Schleimbeutelentzündung im Bereich des großen Rollhügels (Bursitis trochanterica) oder Veränderungen im Hüftgelenk wie ein Impingementsyndrom. Umso wichtiger ist es, die Beschwerden genau einzuordnen – und dafür lohnt sich ein Blick auf die typischen Anzeichen des Iliotibialbandsyndroms.

Läuferhüfte vorbeugen und behandeln

Symptome – so macht sich ITBS bemerkbar

  • Typisch sind seitliche Schmerzen an der Hüfte oder am Oberschenkel, die oft brennend empfunden werden.
  • Der Schmerzschwerpunkt liegt außen am großen Rollhügel.
  • Mitunter zieht der Schmerz bis zum Knie.
  • Ein typischer Verlauf sieht so aus: erst Anlaufschmerzen, dann kurze Besserung, bei längerer Belastung deutliche Verschlechterung.
  • Auch in Ruhe kann das ITBS Probleme bereiten.
  • Besonders nachts fällt es schwer, auf der betroffenen Seite zu liegen. Doch auch die Gegenseite ist unangenehm, weil das Bein nach innen kippt und dadurch Spannung entsteht.

Die Betroffenen vermuten manchmal, dass die Wirbelsäule ursächlich für die Probleme ist. Dazu Dr. Bader: „Schmerzen aus der Wirbelsäule strahlen eher hinten oder diagonal ins Bein aus. Der seitliche Verlauf beim ITBS ist dagegen ziemlich eindeutig.“

Behandlung der Läuferhüfte – was wirklich hilft

Da das Iliotibialbandsyndrom fast immer durch Über- oder Fehlbelastung verursacht wird, steht die Entlastung der Strukturen an erster Stelle. In der Akutphase gilt die PECH-Regel (Pause, Eis, Compression, Hochlagern). Für einige Tage sollte ganz auf das Lauftraining verzichtet werden, stattdessen bieten sich gelenkschonende Alternativen wie Radfahren oder Schwimmen an. Gerade Radfahren funktioniert oft deutlich besser als Laufen, weil das IT-Band dabei nicht voll aufgespannt wird. Halten die Beschwerden länger an, kann eine Trainingspause von 10 bis 14 Tagen notwendig sein, bevor die Belastung langsam gesteigert wird.

Die Läufersprechstunde

Regelmäßiges Laufen macht munter und gesund. Wir verzichten nicht gerne darauf. Wenn es dann doch mal zu laufbedingten Beschwerden kommt, brauchen wir Hilfe vom Experten. Wie wir typische Laufbeschwerden wieder loswerden oder zumindest mindern können, was die Ursachen und Lösungen sind, erfährst du hier: In dieser 9-teiligen Gesundheitsserie laden wir dich ein in die Läufer-Sprechstunde von Dr. Ulrich Bader.

Physiotherapie und Übungen

Eine zentrale Rolle spielt der gezielte Muskelaufbau rund um Hüfte und Becken. Stabilisierungsübungen entlasten das IT-Band und verbessern die Bewegungsökonomie.

Dr. Bader empfiehlt im Rahmen der Behandlung und auch zur Vorbeugung:

  • Deadlifts (Kreuzheben): In aufrechter Haltung mit geradem Rücken aus der Hüfte nach vorne beugen und wieder aufrichten – am besten mit einer Hantel. Diese Übung kräftigt vor allem Rücken, Gesäß- und Oberschenkelmuskeln.
  • Monster Walks (Seitwärtsschritte mit Band): Mit einem Theraband knapp oberhalb der Knie in die Hocke gehen und seitwärts kleine Schritte machen. So wird die seitliche Hüftmuskulatur gestärkt, die beim Laufen das Becken stabil hält.
  • Clamshells (Muschelübungen): In Seitenlage die Knie leicht anwinkeln und das obere Bein nach außen anheben – wie eine Muschel, die sich öffnet. Alternativ im Einbeinstand das freie Bein gegen ein Band abspreizen. Diese Übung kräftigt besonders den kleinen Gesäßmuskel.
  • Bridging (Beckenheben): In Rückenlage mit aufgestellten Beinen das Becken anheben, bis Oberkörper und Oberschenkel eine Linie bilden. Dadurch werden Gesäß- und Rumpfmuskulatur stabilisiert.

Im Akutfall sollten diese Übungen alle zwei Tage oder häufiger durchgeführt werden, um Defizite rasch aufzutrainieren. Zur Vorbeugung reicht es, sie ein- bis zweimal pro Woche ins Training einzubauen. Wichtig ist außerdem, den Trainingsplan nicht ausschließlich aufs Laufen auszurichten, sondern regelmäßig Stabilisierungs- und Mobilisationsübungen für Hüfte und unteren Rücken zu integrieren. Ergänzend können Faszienrolle, Triggern, Eis, Massagepistole oder manuelle Therapie die Heilung unterstützen.

In hartnäckigen Fällen kommen entzündungshemmende Medikamente, Injektionen oder auch Stoßwellentherapie infrage.

Die 13 häufigsten Laufbeschwerden von Kopf bis Fuß - Dr. Bader klärt auf

Rücken | Verspannungen und Bandscheibe & Co

Hüfte | Sehnen, Schleimbeutel und Arthrose

Leiste | Leistenschmerzen

Oberschenkel | Muskelschmerzen

Knie | Knorpelschäden und Läuferknie/Patellaspitzensyndrom

Unterschenkel | Schienbeinkantensyndrom

Sprungelenk | Umknicktrauma

Füße | Achillessehne, Fersensporn und Fußfehlstellungen sowie Überlastungserscheinungen

Unser Experte: Dr. Ulrich Bader ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in der OrthoPraxis in Gräfelfing. Dr. Bader besitzt große Expertise in der konservativen und operativen Behandlung von Hochleistungssportlern und Freizeitsportlern. Mehr Infos: www.ortho-graefelfing.de

Autorin: Gabriele Hellwig

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