Entschleunigung und Entschlackung für Läufer

Wir wissen alle, dass es gut ist, mal einen Gang zurückzuschalten, regelmäßig auszuspannen, nicht zu rennen, sondern zu joggen und an unseren Grundlagen zu arbeiten. Doch vielen fällt es im Januar schwer, die Balance zu finden – nach der Schlemmerei im Dezember schreit der Körper nach Entlastung und Entschleunigung. Aber wie geht das? Wie findet man die für sich passenden Wege zur Ruhe und zum Auftanken? Und brauchen wir Läufer jetzt doch mal eine richtige „Entschlackung“?

Entschleunigen: Ein Faultier als Beispiel

Foto: David Bühne

„… und dann muss man ja auch noch die Zeit haben, einfach da zu sitzen und vor sich hin zu schauen.”

(Astrid Lindgren)

Entschleunigen macht uns schneller und gesünder!

Im Winter sollen wir langsamer und entspannter laufen, das ist gesünder, bewahrt vor Verletzungen und vor Infekten. Doch wer im Dezember ordentlich zu Stollen und Lebkuchen gegriffen hat und auch sonst etwas über die Strenge geschlagen hat, der hat jetzt eher das Bedürfnis, möglichst schnell viele Kalorien zu verbrennen und sich wieder leichter zu fühlen. Doch im Januar stellen wir die Weichen fürs ganze Jahr. Wir machen einen Jahresplan, haben uns Ziele gesetzt, sind hoch motiviert. Und da sollen wir uns entspannen und langsam machen?

Von Schnecken und Faultieren lernen

Wie anstrengend das Bremsen ist weiß jeder, der öfter bergab läuft. Und ich glaube, das ist in vielen Lebensbereichen so, wir sollten öfter mal auf die Bremse treten und nicht ständig nur im Vorwärtsgang unterwegs sein.

Ich weiß noch, wie mir ein Freund ein Buch schenkte, um mich „zu entschleunigen“. Es handelte von einer Schnecke und sollte mich inspirieren, das Tempo meines Alltags zu drosseln. Doch das Buch, das mich sehr unterhalten hat, konnte genau wie die anderen Unmengen an Büchern über Achtsamkeit, Entspannung und alles, was damit verbunden ist, mir nicht wirklich helfen langsamer zu leben.

Kurze Zeit später beobachtete ich in einem Zoo völlig fasziniert ein Faultier, das scheinbar seelenruhig und völlig zufrieden abhing. Faultiere bewegen sich sehr langsam, weil sie einen höchst ökonomischen Organismus haben. Ihre Körpertemperatur ist sehr niedrig und sparsam. Faultiere steigen nur vom Baum herab, um sich „zu entleeren“ und sollen oft nicht mal 40 Meter am Tag zurücklegen. Während das Faultier grinsend vor sich hindöste, lief im Gehege unter ihm ein rastloses Gürteltier hin und her. Ich musste schmunzeln.

Wer rastet, der rostet? Von der Kunst, Ressourcen einschätzen und einteilen zu lernen

Ich mag Geschwindigkeit. Wer rastet, der rostet. Aber ich weiß, dass mir Entschleunigung guttun würde. Dass ich oft zu viel auf einmal will, mir keine Zeit lasse, zu wenig Geduld habe – mit meinem Körper, mit meinem Geist, mit meinen Mitmenschen. Und ich möchte vom Faultier Energiesparen lernen.

Meine natürlichen Grenzen akzeptieren und nicht ständig zu überschreiten. Nicht ständig im Modus „höher, weiter, schneller“ zu leben. Mich nicht zu verrennen und immer über meine Leistung definieren zu müssen. Mich auf die faule Haut legen zu können, ohne gleich ein schlechtes Gewissen zu haben. Ich kann einiges vom Faultier lernen. Es erinnert mich daran, dass alles Gute Zeit braucht. Dass ich achtsam sein möchte. Dass ich meine Ressourcen sinnvoll und sparsam einteilen möchte. Dass ich mich nicht mit den „Gürteltieren“ und „Rennpferden“ in meinem Umfeld vergleichen will. Wie sagte es der Dichter Ralph Waldo Emerson so schön: „Ahme den Gang der Natur nach. Ihr Geheimnis ist Geduld.“

Wir brauchen drei Wochen…

Manche Dinge weiß man mit dem Kopf. Aber das heißt noch lange nicht, dass man sie auch tut. Damit sich etwas ändert, braucht es Freude, Mut und eine Veränderung der Gewohnheiten. Und wir brauchen mindestens drei Wochen Zeit, bis sich diese neuen Muster wirklich in unserem Hirn „verankern“.

Wege zur Entschleunigung

Um die Motivationsspritze des neuen Jahres zu nutzen, fasste ich den Entschluss, in diesem Monat aktiv zu entschleunigen.

Dafür habe ich mir diese Ziele vorgenommen:

  1. Ich lebe vier Wochen ohne Zucker und Alkohol
  2. Ich mache eine Eselwanderung
  3. Ich lerne Entspannen nach Jakobsen
  4. Ich werde meine Laufanzahl pro Woche reduzieren und diese so langsam laufen, wie ich kann
  5. Ich werde dreimal pro Woche ein basisches Fußbad machen
  6. Ich werde die Fabel von der Schildkröte und dem Hasen nochmal lesen
  7. Ich werde in diesem Jahr öfter in den Zoo gehen
  8. Ich werde langsamer essen und das Handy bei den Mahlzeiten verbannen

Was sind deine Entschleunigungs-Ziele in diesem Jahr?

entschleunigen am Beispiel einer Schildkröte

Foto: David Bühne

Was ist Entschleunigung?

Entschleunigung beinhaltet eine gezielte Verlangsamung einer sich bisher immer beschleunigenden Entwicklung oder einer Tätigkeit. Bewusst langsam zu laufen, langsam zu essen und nicht zu schlingen… Das Tempo rausnehmen – im Sport, im Beruf, im Alltag. Hektik und sinnloses Hasten abstellen. Einfacher leben. Nicht immer nach mehr streben… leichter gesagt, als getan…!

Sich nicht zu hetzen, sondern Zeit zu lassen und auch völlig entspannt zu bleiben, wenn etwas einfach mal länger dauert – zugegeben, das ist nicht gerade meine Stärke. Aber schaut man sich die Studien an sorgt Entschleunigung für mehr Lebensqualität, fördert die Gesundheit, reduziert den Stress.

Wie passt Laufen zur Entschlackung und Entschleunigung?

Laufen entgiftet und entspannt – wenn wir nicht zu viel, zu schnell oder im angeschlagenen Zustand unsere Runde drehen. Wer sich regelmäßig in der Natur bewegt, am besten ohne Musik und Lärm und sich dabei ohne aus der Puste zu kommen locker unterhalten kann, der tut schon etwas für Entgiftung und Entschleunigung.

Wer ohnehin viel und gern zügig unterwegs ist, sollte den Januar vielleicht mal bewusst zum Monat der Langsamkeit nutzen und seine Umfänge und das Tempo drosseln. Unser Körper wird uns dafür langfristig dankbar sein. Es wird unsere Leistungsfähigkeit und Gesundheit fördern.

Wie geht Entschlackung – und braucht man das wirklich?

Über den Sinn und Unsinn von Entgiftungen streiten sich die Geister. Das Wort Entschlackung kommt von einem Verbrennungsrückstand (der Schlacke). Detox (englisches Wort für Entgiftung) ist eher der Alternativmedizin zuhause. Wissenschaftlich soll es keinerlei Beweise für „Schlacke“ geben. Aber wer von uns hat nicht nach einer langen Party nach einem „Detox-Saft“ gegriffen oder zu einem Tomatensaft bei einem langen schlaflosen Flug?

Ich denke, es macht auf jeden Fall Sinn, die „toxischen Dinge“ im Leben, vor allem in unseren Gewohnheiten ausfindig zu machen und wenigstens für eine Zeit mal bewusst die Dinge wegzulassen, die uns nicht dienlich sind. Viele Sportler und Gesundheitsbewusste machen zum Anfang eines Jahres einen „Neujahrsputz“, andere nutzen sogenannte Detox-Kuren als Frühjahrsputz. So sollen Giftstoffe aus dem Körper gespült werden, Entlastung bringen und mit neuer Energie versorgen.

Dazu gibt es verschiedenste Ansätze und Maßnahmen: Fastenkuren, Suppenkuren, Darmspülungen, Salzbäder oder alle möglichen „Spezialprodukte“. Viele Experten halten das für Unsinn, da der Körper sich permanent selbst reinigt und die Gifte ausspült. Was in jedem Fall sinnvoll ist , die Gifte zu reduzieren, die uns belasten: das können in manchen Ländern Schadstoffe aus der Luft und aus dem Trinkwasser sein, bei uns sind es eher Alkohol und Medikamente sowie zu viel Zuckerzeug.

Ich glaube, es ist wichtig, seinen eigenen Körper besser kennenzulernen: zu prüfen, was einem gut tut und was eher noch mehr Energie zieht. Ich weiß aus Erfahrung, dass mir Basenbäder, Fastentage und zuckerfreie Zeiten guttun. Und wenn diese zur Gewohnheit werden in vernünftigen Abständen, dann geht es mir einfach besser.

Was entschleunigt mich?

Wichtig ist: Nicht jeder ist der Typ für alles. Der eine liebt den täglichen Mittagsschlaf, der andere macht am Morgen eine Runde Yoga. Ich bin ein großer Fan vom Entspannen nach Jacobsen. Manche Läufer lieben Meditationen, Atemübungen, Waldspaziergänge, Autogenes Training.

Andere gehen mit einem Esel spazieren oder fangen an zu stricken. Ich bin überzeugt davon, dass es für jeden Menschen eine Entschleunigungs-Methode gibt. Wir müssen nur herausfinden, was zu uns passt. Und wir könnten vor allem anfangen, in unserem Alltag

Hier sieben Erkenntnisse, die vielleicht helfen, in uns den Wunsch nach Entschleunigung zu wecken und uns zur Kunst der Langsamkeit anzuregen:

  1. Die beste Hilf‘ ist Ruhe. (William Shakespeare)
  2. Es gibt Wichtigeres im Leben, als beständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen. (Mahatma Gandhi)
  3. Der größte Feind der Qualität ist die Eile. (Henry Ford)
  4. Ruhe zieht das Leben an, Unruhe verscheucht es. (Gottfried Keller)
  5. Nichts bringt uns auf unserem Weg besser voran als eine Pause. (Elizabeth Barrett Browning)
  6. Man kann mit dem Leben mehr anfangen, als es nur immer schneller zu leben. (Mahatma Gandhi)
  7. Nur in einem ruhigen Teich spiegelt sich das Licht der Sterne. (Chinesisches Sprichwort)

Lerne mit uns dich zu entschleunigen!

Wir werden in den folgenden Wochen einige interessante Beiträge mit dir teilen, die dir vielleicht bei der Entschleunigung helfen. Finde mit uns heraus, was wir von Eseln lernen können und warum jeder Läufer hin und wieder mal eine Eselwanderung machen sollte. Höre im Podcast mit Guido Sander, wie er eine komplette Kehrtwende im Leben schaffte und 140 Kilogramm abnahm, höre vom Ernährungswissenschaftler Dr. Georg Abel, wie ein Jahresplan für die Ernährung eines Läufers idealerweise aussehen sollte oder lass dich vom Hobbyläufer Dr. Holger Richter motivieren, jetzt deine Highlights für dieses Jahr zu finden. Probier mit mir eine 4-wöchige Zuckerpause und schau, wie es deinem Körper anschließend geht, mach mit uns ein „Zeitlupen-Training“ und erfahre, welche Hilfsmittel und Produkte vielleicht helfen können, Stress und Druck im Sport und Alltag zu reduzieren.

Ich wünsche dir, dass du die Freude am Leben, den Segen der Langsamkeit und die Freiheit deiner Selbstwirksamkeit in den kommenden Wochen ganz besonders erlebst und wir uns gegenseitig helfen, ein bisschen entspannter zu sein und uns immer wieder Mut machen, mit einer Portion Güte und Gelassenheit durch diese Welt laufen.

Deine

Tabitha

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