
Achillessehnenverletzung beim Laufen
Die Achillessehne im Check: Expertenwissen für Läufer
Erst zieht es nur leicht in der Ferse, später wird jeder Schritt zur Herausforderung: Achillessehnenprobleme zählen zu den häufigsten Laufverletzungen. Doch wie erkenne ich eine Verletzung? Wie lange dauert die Heilung? Orthopäde Dr. Ulrich Bader beantwortet die häufigsten Läuferfragen rund um die verletzungsanfällige Sehne.
Achillessehnenverletzung beim Laufen? Experte Dr. Bader erklärt Symptome, Heilungsdauer, Therapie und Tipps zur schnellen Rückkehr ins Training
Wie erkenne ich, dass die Achillessehne verletzt ist?
Dr. Bader: Typische Warnzeichen sind Schmerzen, eine Schwellung und oft auch eine leichte Rötung. Bei einer Reizung fühlt sich der Schmerz dumpf oder brennend an, tritt meist während der Belastung auf, beruhigt sich gelegentlich – und kommt danach häufig verstärkt zurück.
Viele Betroffene spüren außerdem ausgeprägte Anlaufschmerzen. Wird die Verletzung schwerer, kann sich eine tastbare Delle oder Lücke an der Sehne zeigen. Und bei einem echten Riss berichten fast alle Patienten von einem plötzlichen, lauten Knall. Danach ist die Bewegung sofort eingeschränkt, man kann auch nicht mehr auf Zehenspitzen stehen.
Wie lange dauert eine Verletzung der Achillessehne?
Die Dauer ist individuell unterschiedlich. Eine Reizung der Achillessehne beruhigt sich bei den meisten Betroffenen nach etwa sechs bis acht Wochen. Bei einem vollständigen Riss braucht die Sehne deutlich mehr Zeit: Bis zur vollen Belastbarkeit vergehen in der Regel sechs bis zwölf Monate.
Die Achillessehne ist bei Läufern eine der häufigsten Schwachstellen und sehr verletzungsanfällig
Kann man mit einer angerissenen Achillessehne laufen?
Können – ja. Sollten – definitiv nein. Bei einer Teilruptur ist die Gehfähigkeit zwar oft relativ normal, doch die Sehne braucht konsequente Ruhe, um stabil zu heilen. Wird weiter belastet, besteht das Risiko, dass aus einer Reizung erst ein Teilriss und später ein vollständiger Riss entsteht.
Was kann ich selbst bei einer Verletzung der Achillessehne tun?
Bei einer Reizung hilft zunächst das klassische PECH-Schema: Pause, Eis, Kompression und Hochlagern. Wichtig ist außerdem, die Belastung spürbar zu reduzieren. Entzündungshemmende Salben wirken an der Achillessehne meist gut, weil sie relativ oberflächlich liegt.
Sobald die akuten Schmerzen nachlassen, sind vorsichtiges Dehnen, exzentrische Übungen und eine Kräftigung der Wadenmuskulatur sinnvoll. Auch Taping kann im Alltag unterstützen.
Kurzzeitig können höhere Schuhe entlasten – dauerhaft sollten sie jedoch nicht getragen werden, da die Wadenmuskulatur sonst verkürzt.
Wann sollte ich bei Achillessehnenproblemen zum Arzt?
Wenn die Beschwerden trotz Schonung, Bandage, Kühlung und entzündungshemmenden Salben nicht innerhalb weniger Tage deutlich nachlassen, ist es sinnvoll, ärztlichen Rat einzuholen.
Gerade die Achillessehne reagiert empfindlich – und je früher eine genaue Diagnose gestellt wird, desto besser lässt sich eine Verschlimmerung verhindern. Mit einer Ultraschalluntersuchung können wir die Sehne sehr gut beurteilen: Man sieht, ob sie gereizt, verdickt oder teilweise eingerissen ist. Falls die Befunde unklar sind oder ein größerer Schaden vermutet wird, kann zusätzlich ein MRT sinnvoll sein. Damit lässt sich die Struktur der Sehne exakt darstellen und die passende Therapie planen.
Wie wird eine angerissene Achillessehne behandelt?
Die Therapie richtet sich nach dem Ausmaß des Risses. Bei einer deutlichen Teilruptur wird die Achillessehne zunächst in einer leichten Spitzfußstellung ruhiggestellt – entweder mit einem Gips oder einem Walker-Stiefel, meist für vier bis sechs Wochen.
Begleitend können verschiedene Verfahren den Heilungsprozess unterstützen: Physiotherapie, Ultraschall- und Stoßwellentherapie sowie Injektionen mit plättchenreichem Plasma (PRP), das die Regeneration anregen soll.
Anschließend wird die Belastung Schritt für Schritt gesteigert – und die Fußstellung nach und nach wieder in eine neutrale Position gebracht.
Muss eine gerissene Achillessehne operiert werden?
Nein, nicht zwingend. Entscheidend ist, ob sich die Sehnenenden in Spitzfußstellung so weit annähern, dass sie stabilen Kontakt bekommen. Ist dieser Kontakt gegeben, besteht eine sehr gute Chance, dass die Sehne unter Ruhigstellung wieder von selbst zusammenwächst. In diesem Fall kann konservativ behandelt werden – mit sechs bis acht Wochen in Spitzfußstellung und einer anschließenden, schrittweisen Rückkehr in die Neutralstellung. Bei schwereren Rissen, bei denen sich die Enden nicht ausreichend annähern, wird je nach Befund minimal-invasiv oder offen operiert; bei stark geschädigtem Gewebe kann zusätzlich eine Sehnenplastik notwendig sein.
Wie sind die Erfahrungen ohne Operation?
Wenn sich die Sehnenenden gut aneinanderlegen lassen und in der Ruhigstellungsphase regelmäßig kontrolliert wird, bleibt das Ergebnis einer konservativen Behandlung keineswegs hinter einer minimal-invasiven Operation zurück. Das gilt vor allem bei frischen Rissen ohne größeren Vorschaden. In diesen Fällen heilt die Sehne häufig genauso stabil – nur eben ohne chirurgischen Eingriff.
Wie kann ich einem Achillessehnenproblem vorbeugen?
Entscheidend ist, die Sehne nicht zu überfordern. Belastungen sollten langsam gesteigert werden, und regelmäßiges Dehnen sowie exzentrische Übungen – etwa das langsame Absenken der Ferse an einer Treppenstufe – halten die Wadenmuskulatur geschmeidig und kräftig. Wichtig sind außerdem ein Aufwärmen vor dem Training und regelmäßige Erholungsphasen. Wer zu einem Knickfuß neigt, profitiert oft von stützenden Einlagen. Auch Faktoren wie hohes Körpergewicht oder Grunderkrankungen – etwa Rheuma, Diabetes oder Durchblutungsstörungen – beeinflussen die Sehne und sollten bestmöglich eingestellt sein. Vorsicht ist zudem nach der Einnahme von bestimmten Medikamenten geboten, vor allem nach längerer Cortisontherapie oder der Einnahme von Chinolon-Antibiotika. Danach braucht die Achillessehne etwas Zeit, um sich wieder vollständig zu erholen.
Unser Experte: Dr. Ulrich Bader ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in der OrthoPraxis in Gräfelfing. Dr. Bader besitzt große Expertise in der konservativen und operativen Behandlung von Hochleistungssportlern und Freizeitsportlern. Mehr Infos: www.ortho-graefelfing.de
Autorin: Gabriele Hellwig
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