
Stressfraktur beim Laufen: Warnzeichen früh erkennen
Ein stechender Schmerz im Mittelfuß – viele Läufer kennen das. Oft steckt keine harmlose Zerrung dahinter, sondern eine sogenannte Stressfraktur: ein winziger Knochenbruch, der durch wiederholte Überlastung entsteht. Orthopäde Dr. Ulrich Bader erklärt, wie es zu einer Stressfraktur kommt, welche Warnzeichen typisch sind und wie man rechtzeitig gegensteuert.
Stressfraktur beim Laufen: Wie man sie erkennt und wie sie behandelt wird
Was ist eine Stressfraktur?
„Eine Stressfraktur ist ein Knochenbruch, der nicht durch einen Sturz oder Unfall entsteht, sondern durch wiederholte Überlastung“, erklärt Dr. Bader. Medizinisch unterscheidet man zwei Formen:
Die Ermüdungsfraktur entsteht durch eine einmalige, extreme Belastung – etwa bei jemandem, der plötzlich sehr lange Strecken läuft, obwohl er untrainiert ist. „Deshalb spricht man auch von einer Marschfraktur“, erläutert Dr. Bader.
Die Insuffizienzfraktur ist bei Läufern viel häufiger. „Sie entsteht schleichend, wenn der Knochen durch wiederkehrende Belastung ermüdet und seine Reparaturmechanismen versagen“, sagt Dr. Bader. Das passiert besonders dann, wenn Trainingsumfang oder Intensität zu schnell gesteigert werden.
Wie erkennt man eine Stressfraktur?
Bei einer akuten, durch eine einmalige Verletzung entstandenen Stressfraktur (Ermüdungsfraktur) treten die Schmerzen in der Regel sofort und deutlich auf. „Das tut dann gleich richtig weh“, erklärt Dr. Bader. Handelt es sich dagegen um eine langsam entstandene Stressfraktur (Insuffizienzfraktur) beginnt es meistens mit einem dumpfen, schwer lokalisierbaren Schmerz. Dr. Bader: „Es tut nicht punktförmig an einer Stelle weh, sondern eher diffus – häufig begleitet von einer leichten Schwellung oder sogar Rötung.“ Typisch ist auch der sogenannte Anlaufschmerz: Die ersten Schritte sind besonders unangenehm, dann wird es kurz etwas besser.
Am häufigsten betroffen sind die Mittelfußknochen und die Fußwurzel – insbesondere das Kahnbein (Os naviculare). Seltener das Schienbein, der Schenkelhals oder das Becken. „Gerade im Mittelfuß werden Stressfrakturen oft übersehen, weil sie anfangs wie eine harmlose Überlastungsreaktion wirken“, betont Dr. Bader.
Ist eine Stressfraktur im MRT sichtbar?
„Ja, das MRT ist das genaueste Verfahren, um eine Stressfraktur nachzuweisen“, sagt Dr. Bader. Im Röntgenbild sieht man eine frische Fraktur oft nicht, weil sie von innen nach außen entsteht, erläutert Dr. Bader: „Zunächst bildet sich ein Knochenödem, also eine Flüssigkeitsansammlung im Knochen. Erst später reißt die harte Außenschicht. Das MRT zeigt diese frühen Veränderungen sehr zuverlässig.“
Sind Frauen in der Menopause von einer Stressfraktur betroffen, sollte eine Knochendichtemessung durchgeführt werden, rät Dr. Bader: „Diese zeigt, ob vielleicht schon eine Osteoporose (Knochenschwund) vorliegt.“
Wie schnell heilt eine Stressfraktur?
„Das hängt stark von der Lokalisation ab“, sagt Dr. Bader. „Im Bereich des Mittelfußes oder der Fußwurzel heilt eine Stressfraktur meist innerhalb von sechs bis acht Wochen, wenn sie konsequent geschont wird.“ Am Schienbein oder Schenkelhals kann die Heilung dagegen mehrere Monate dauern.
Die größte Gefahr besteht darin, zu früh wieder einzusteigen, warnt Dr. Bader: „Wenn der Schmerz weg ist, glauben viele, alles sei wieder gut – aber der Knochen ist dann oft noch nicht stabil. Wer zu früh wieder startet, riskiert dieselbe Fraktur erneut – oder eine an anderer Stelle.“
Kann man mit einem Ermüdungsbruch im Fuß noch laufen?
„Alltagsbewegungen sind in der Regel kein Problem“, sagt Dr. Bader. „Man kann gehen, aber laufen sollte man auf keinen Fall.“ Jede Erschütterung verlängert die Heilungszeit und kann den Bruch verschlimmern. Stattdessen rät Dr. Bader zu Alternativen: „Radfahren oder Schwimmen sind ideal. So bleibt die Kondition erhalten, ohne dass der betroffene Knochen belastet wird.“ Auch Aquajogging kann während der Heilungsphase eine gute Option sein. „Wichtig ist, dass der Patient aktiv bleibt – nur eben gelenk- und knochenschonend.“
Wie wird eine Stressfraktur behandelt?
„In den allermeisten Fällen behandeln wir konservativ, also ohne Operation“, erklärt Dr. Bader. „Der Knochen braucht vor allem eines: Ruhe.“
Schonung und Entlastung: „Das Lauftraining muss pausieren, sonst kann der Knochen nicht heilen“, betont Dr. Bader. Bei stärkeren Schmerzen kann es sinnvoll sein, den Fuß eine Zeit lang mit Unterarmgehstützen zu entlasten.
Einlagen und Schuhe: „Spezielle Einlagen oder Schuhe mit harter Sohle helfen, die Abrollbewegung zu begrenzen“, sagt Dr. Bader. „So entlastet man den betroffenen Bereich gezielt.“
Kältetherapie: Kälte kann in der akuten Phase helfen, Schwellungen und Schmerzen zu lindern.
Schmerzmittel: Schmerzmittel wie Ibuprofen sollte man nur kurzzeitig einsetzen – und nicht, um trotzdem weiterlaufen zu können.
Stoßwellen- oder Ultraschalltherapie: „Diese Verfahren können den Knochenstoffwechsel anregen, wenn die Heilung verzögert ist“, erklärt der Orthopäde.
Physiotherapie: In vielen Fällen nicht erforderlich, kann aber helfen, wenn Muskulatur oder Beweglichkeit gelitten haben. Kräftigende Übungen fördern die Stabilität und unterstützen die Heilung.
Vorbeugen ist möglich – die besten Tipps von Dr. Bader:
Nicht überlasten: Das Lauftraining immer der momentanen Belastbarkeit des Körpers anpassen, damit dieser sich schrittweise anpassen kann.
Regeneration fest einplanen: Mindestens ein Ruhetag pro Woche ist Pflicht. „Ruhetage sind kein Rückschritt, sondern Teil des Trainings“, betont Dr. Bader.
Gute Laufschuhe & weiche Böden: Gut gedämpfte Schuhe und eher weiche Untergründe wie Waldwege verringern die Stoßbelastung deutlich.
Fußfehlstellungen ausgleichen: Ein Hohlfuß oder andere Fehlstellungen können die Belastung auf bestimmte Knochen erhöhen. „Einlagen helfen, die Belastung gleichmäßiger zu verteilen“, erklärt Dr. Bader.
Nährstoffe gezielt dosieren: „Nicht einfach auf Verdacht irgendwelche Vitamine oder Mineralstoffe einnehmen“, betont Dr. Bader. Bei Läuferinnen in den Wechseljahren lohnt es sich, die Knochendichte und den Kalziumspiegel zu bestimmen. „Früher wurde Kalzium bei Osteoporose häufig pauschal ergänzt; heute ist man zurückhaltender, weil zu hohe Kalziumwerte zu Gefäßverkalkungen führen können.“ Auch bei Vitaminen, etwa Vitamin D oder B-Komplex, gilt: Nicht einfach auf Verdacht einnehmen. „Man kann Vitamine durchaus überdosieren – das muss gezielt und zeitlich begrenzt erfolgen“, erklärt der Orthopäde.
Unser Experte: Dr. Ulrich Bader ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in der OrthoPraxis in Gräfelfing. Dr. Bader besitzt große Expertise in der konservativen und operativen Behandlung von Hochleistungssportlern und Freizeitsportlern. Mehr Infos: www.ortho-graefelfing.de
Autorin: Gabriele Hellwig
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