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Ein nachhaltiger Lauf
Der hella hamburg halbmarathon zählt zu den größten Veranstaltungen ihrer Art in Deutschland, welche jährlich 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Elbmetropole lockt. Neben der spektakulären Strecke mit ihren 40 Eventpunkten und den rund 50 Sehenswürdigkeiten soll die Veranstaltung aber auch ein Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit sein.
Denn nach der sprichwörtlichen „Party auf 21,1 km“ muss schließlich wieder aufgeräumt werden. So wollen wir unseren Teilnehmenden nicht nur das bestmögliche Lauferlebnis mit allem Drum & Dran, was dazugehört, bieten, sondern auch ein Bewusstsein schaffen, die zu einem nachhaltigeren Verständnis des Begriffs Großveranstaltung führt.
Fotocredit: Marcus Barthel
- Was ist Ihrer Meinung nach in Ihrer Branche der größte Hebel für mehr Nachhaltigkeit?
Aufklärung! Wir haben über mehrere Jahre Studien zu dem Thema verfolgt und dabei kam heraus, dass 95 % des ökologischen Fußabdrucks unserer Veranstaltungen durch die An- und Abreise der Teilnehmer entsteht. Deshalb versuchen wir die Teilnehmenden zur Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Fahrrad zu animieren und hierfür Anreize zu schaffen.
- Man redet viel von Umweltschutz, aber es fehlen oft die Taten. Was tun Sie für den Umweltschutz?
Einrichtung einer kostenlosen Fahrrad-Garderobe und Startnummer als Nahverkehr-Ticket für alle Teilnehmenden. Nutzung von recycelbaren Trinkbechern und Rückgabe in extragroßen Auffangstationen, sodass diese nicht auf der Strecke landen. Ausgabe von Flaschen in der Zielversorgung zur Reduzierung des Becherbedarfs. Zusammenarbeit mit der NAJU (NABU) und den Green Events Hamburg, die uns tatkräftig mit Wissen für eine Verbesserung der ökologischen Bilanz versorgen. Durchführung und Unterstützung von Plogging-Events. Nachhaltig produzierte Veranstaltungsshirts, Starterbeutel (aus Jute), Verzicht auf Papierbeileger durch Partner (nur im digitalen Starterbeutel), Nutzung von Ökostrom in der Geschäftsstelle sowie Medaillen made in Germany.
Fotocredit: Michael Strokosch
- Was könnten Ihrer Meinung nach Läufer konkret (im Einkaufsverhalten, im Wettkampf oder Training sowie im Alltag) ändern, um etwas für mehr Nachhaltigkeit zu tun?
Für die An- und Abreise öffentliche Verkehrsmittel nutzen, Fahrgemeinschaften gründen oder das Fahrrad wählen. Zudem darauf achten, dass benutzte Becher, Gels und sonstige Verpackungen ihren Weg in die dafür vorgesehenen Entsorgungsbehälter finden.
- Welche nachhaltigen Materialien kommen bei Ihnen zum Einsatz?
Recycelte Pappbecher ohne Plastikbeschichtung, PVC-freie Werbe-Banner und Banden, Starterbeutel in Jute-Qualität anstatt Plastik aus FairTrade-Produktion.
- Welche Rolle spielt bei Ihnen das Thema Recycling/Wiederverwertung?
Eine Bedeutende! Wir haben in den vergangenen Jahren viel mit Naturschutzverbänden und der hiesigen Stadtreinigung gesprochen, um den Wiederverwertungskreislauf zu begreifen. Hier ist es uns bewusst geworden, dass die Sache komplexer ist, als man annimmt. So haben einige Pappbecher eine Beschichtung, die sie nicht recycelbar machen. Aber auch ein recycelbarer Becher muss vorher bei der Entsorgung vernünftig vom Restmüll, wie z.B. Bananenschalen, getrennt werden. Die oft angepriesenen Mehrwegbecher sind auch nicht ausnahmslos die beste Lösung. Erst nach der sechsten Verwendung besitzen diese eine bessere Ökobilanz als Einwegbecher, da deren Reinigungsprozess Wasser verbraucht und das Transportvolumen umfangreicher ist.
Bei den Werbematerialen und Bannern ist die Sache einfacher. Zum einen achten wir darauf, diese jahresneutral zu designen, sodass sie über viele Jahre hinweg verwendet werden können. Zum anderen lassen wir diese frei von PVC produzieren.
Fotocredit: Robert Schlossnickel
Dies gilt auch für einen Teil unserer Merchandise-Produkte wie z.B. Taschen und Jutebeutel, deren jahresneutrale Designs über mehrere Jahre verwendet werden. So vermeiden wir eine Überproduktion, die wir entsorgen müssen.
Auch bei den Veranstaltungs-Shirts haben wir mittlerweile die Möglichkeit, nichtverkaufte Exemplare wieder zurückzugeben, um daraus neue machen zu können.
Auch kommen bei uns keine Startnummern-Chips für die Zeitmessung zum Einsatz, die schwieriger in der Entsorgung sind. Hier verwenden wir wiederverwendbare Chips, deren Lebenszyklus mehrere Jahre anhält.
- Welche Erfolge konnten Sie mit Blick auf die Umwelt bereits erzielen?
Hier hat sich in den letzten viel geändert. Aber es brauchte auch Zeit, um Lösungen zu entwickeln, die auch bei einem großen Lauf umsetzbar und praktikabel sind. Bei einer kleineren Veranstaltung, wie z.B. dem Ragnar Wattenmeer, können wir jedem Teilnehmenden einen Becher in die Hand geben, sodass dieser sich den an den Versorgungstationen selbstständig wieder befüllt. Bei einem Lauf mit 10.000 Startern hingegen ist das logistisch nicht umsetzbar. Zum einen sind die Warteschlangen an den entsprechenden Versorgungspunkten zu groß, zum anderen wird eine große Menge Wasser bei einer unterbrechungsfreien Ausgabe verschenkt.
Deshalb haben wir uns neben dem Recycling auf das Thema Mobilität konzentriert. Durch die Einrichtung eines großen und kostenlosen Fahrradparkplatzes sowie die Nutzung der Startnummer als von Fahrticket im öffentlichen Nahverkehr, haben wir gezielt das Thema Anreise adressiert. Auch beschränken wir unsere nationale und internationale Messepräsenz auf Orte, die nicht mehr als 8 Zugstunden entfernt sind. Die Anreise mit dem Flugzeug zu Veranstaltungen ist aufgrund der Co2-Bilanz ein ernstzunehmendes Problem.
- Kann man gleiche Qualität bieten, oder gibt es einen Qualitätsverlust durch den stärkeren Fokus auf Nachhaltigkeit?
Generell kann mir hier nicht von einem Qualitätsverlust reden, sondern muss die Bereitschaft mitbringen, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Dies gilt für Veranstalter und Teilnehmende zugleich. Produzierte Artikel wie Medaillen, Becher, Merchandise oder Taschen sind qualitativ nicht schlechter, weil sie nachhaltig produziert sind. Man muss sich nur bewusst werden, dass diese mit deutlich größeren Kosten verbunden sind. Die Herausforderung besteht hier vielmehr darin, dass auch den Teilnehmenden zu kommunizieren, sodass diese auch bereit sind, dafür mehr zu bezahlen.
Hier muss man gut die Vorteile herausarbeiten und vorstellen. So kann z.B. die Anreise mit Öffis und dem Fahrrad ein Qualitätsgewinn darstellen, weil dadurch die lästige Parkplatzsuche und Staus entfallen. Das wissen dann nicht nur die Anwohner zu schätzen.
Fotocredit: Dierk Kruse
- Wie kann der Teilnehmer den Nachhaltigkeitsgedanken erkennen?
In diesem Punkt sind wir noch nicht so weit, wie wir gerne wären. Wichtig ist, dass das Thema Nachhaltigkeit regelmäßig einen Teil unserer Kommunikation ausmacht, um auch Fremde für dieses Thema zu sensibilisieren. Hier möchten wir in der Zukunft verstärkt Aufklärungsarbeit leisten. Das geschieht natürlich nicht ausschließlich aus ethischen Gründen, da wir dem Rezipienten auch erklären müssen, warum Startplätze und Zusatzleistungen teurer werden. Denn die dadurch gestiegenen Kosten können nicht nur von einer Seite getragen werden. Bei anderen Produktsparten lässt sich ein Trend erkennen, dass die Preissensibilität immer häufiger mit dem Nachhaltigkeitsgedanken verknüpft wird.
So kann ein teureres Shirt auch auf ein Thema aufmerksam machen. Dazu kommen natürlich die bekannten FairTrade-Label, die fühlbaren Materialien, die Abstinenz von Plastik sowie ein entsprechendes Heatlable auf den Merchandise-Produkten.
- Was halten Sie von Zeitstrafen für Läufer, die ihren Müll auf der Strecke wegschmeißen oder verlieren?
Es kommt auf die Veranstaltung an und dessen Durchsetzbarkeit an! Bei einem Lauf, wie dem hella hamburg halbmarathon, könnten wir dies schlicht nicht kontrollieren, was aus unserer Sicht nicht mit dem Fairnessgedanken vereinbar ist. Bei einer anderen Veranstaltung handhaben wir es hingegen so, dass Staffelteams andere verpetzen können, sollten sie einen Regelverstoß beobachten. Das nicht fachgerechte Entsorgen von Müll in die hierfür vorgesehen Container zählt dazu. In diesem Fall wird aber nicht mit einer Zeitstrafe gedroht, sondern gar mit dem Ausschluss vom Rennen.
Bei einem Rennen, wo viele gleichzeitig mit ihren Lauf beschäftigt sind, wäre so eine Regel weniger Zielführung.
Fotocredit: Robert Schlossnickel
- Was können und werden Sie als Unternehmen tun, um bei Laufevents oder Laufreisen für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen?
Aufklärung, Weiterentwicklung der eigenen Produkte und Konzepte sowie auch dem Teilnehmer die Möglichkeit geben, sich einzubringen. Ein Teilnehmer, der mit dem Flugzeug anreist, ist kein ungeliebter Teilnehmer. Jedoch wollen wir ihm oder ihr in Zukunft vermehrt Möglichkeiten anbieten, für einen Co2-Ausgleich zu sorgen.
- Es wäre doch genial, wenn wir beim Laufen die verbrauchte Energie irgendwie nutzbar bzw. wiederverwerten könnten. Gibt es da irgendwelche Ansätze?
Das klingt in der Tat spannend und aufregend. Es gibt bestimmt schon Überlegungen, wie man körperliche Ertüchtigung und Energieerzeugung symbiotisch verheiraten könnte. Smartwatch-Hersteller arbeiten derzeit an einer Methode, wie man den Energiebedarf durch den Körperschweiß des Trägers decken kann.
Beim hella hamburg halbmarathon hatten wir mal einen Eventpunkt, wo Zuschauer auf einen Fahrrad strampeln mussten, um Strom für die Musik zu liefern. Trat niemand in die Pedale, blieb es ruhig. Leider gibt es den Betreiber nicht mehr. Sollte uns aber etwas derartiges wieder zu Ohren kommen, so würden wir solche Projekte bei unseren Veranstaltungen nutzen und unterstützen wollen.
Wir bedanken uns bei BMS Die Laufgesellschaft für das Interview.
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