Umknicktrauma – wenn die Bänder überlastet sind
Was du bei einer Verstauchung des Sprunggelenks tun kannst
Ob herausfordernder Trail, unebener Waldweg oder Loch im Asphalt – beim Joggen kommt jeder mal ins Stolpern. Eine der häufigsten Verletzungen von Läufern ist das Umknicken im Sprunggelenk. Das Problem: Oft wird die Verstauchung nicht ernst genug genommen und das Sprunggelenk instabil. Die gute Nachricht: Mit der richtigen Behandlung heilt der Knöchel in der Regel gut aus.
Täglich knicken in Deutschland etwa 10.000 Menschen um und überlasten die Bänder des Sprunggelenks. Typische Symptome: Der Knöchel schmerzt, ein Auftreten ist kaum mehr möglich. Oft schwillt das Gelenk stark an. Durch einen Bluterguss kann eine blau-rote Verfärbung entstehen.
„Das Umknicktrauma, auch Distorsionsverletzung des Sprunggelenks genannt, zählt zu den häufigsten Verletzungen“, sagt Dr. Ulrich Bader, Orthopäde in der OrthoPraxis in Gräfelfing.
Bei leichteren Verstauchungen werden die kollagenen Fasern eines Bandes des Sprunggelenks lediglich überdehnt. Dr. Bader: „Im Idealfall kehren die Gelenkstrukturen anschließend in ihren Ausgangszustand zurück. Bei starker Überdehnung kann es zum teilweisen oder gar kompletten Riss der Bänder kommen.“
Das Problem: Besonders bei geringen Schmerzen sieht der Betroffene oft nicht die Notwendigkeit zum Arzt zu gehen. Häufig brechen Patienten mit einem Umknicktrauma auch vorschnell die Behandlung ab, weil sie sich wieder fit genug fühlen. „Die Nachbehandlung ist oft zu lasch“, kritisiert Dr. Bader. Zwar verspüre man tatsächlich häufig nach wenigen Tagen keine Schmerzen mehr. Aber die Bänder heilten in der Regel erst nach einigen Wochen optimal aus. Dr. Bader: „Beginnt man zu früh mit dem Lauftraining, kann dies zu einer chronischen Instabilität des Sprunggelenks führen.“ Im schlimmsten Fall knickt man dann beim Laufen immer wieder um. Dies wiederum kann zu Fehlbelastungen der Gelenke und einer vorzeitigen Arthrose führen.
„In den meisten Fällen empfiehlt es sich bei einem Umknicktrauma zu einem Orthopäden zu gehen“, betont Dr. Bader. Für die Diagnose führt der Orthopäde eine genaue Untersuchung und Ultraschallkontrolle durch. Meistens wird auch ein Röntgenbild angefertigt. Ergänzend erfolgt manchmal noch eine MRT-Untersuchung, um Bandstrukturen besser zu erkennen.
Die ideale Behandlung beim Umknicktrauma hängt vom Ausmaß der Verletzung ab. In den meisten Fällen reicht eine konservative Behandlung, manchmal ist aber auch eine Operation notwendig.
Empfehlenswerte Maßnahmen nach dem Umknicken
- Die ersten Akutmaßnahmen sollten nach der PECH-Regel erfolgen: P=Pause, E=Eis, C= C(K)ompression, H= Hochlagerung. Das Sprunggelenk wird sofort geschont. Um Schmerzen zu reduzieren und einen größeren Bluterguss zu vermeiden, kühlt man am besten das Gelenk. Ein leicht komprimierender Verband schützt und stützt die verletzten Strukturen. Zusätzlich empfiehlt es sich, den Fuß hochzulagern.
- Meistens erhält der Patient anschließend eine Bandage oder Schiene, um das Sprunggelenk komplett ruhig zu stellen. Wie lange diese Orthese getragen werden sollte, ist vom konkreten Einzelfall abhängig. Ist das Band gerissen, sollte die Orthese für etwa sechs Wochen getragen werden.
- Eine OP ist bei reinen Bandverletzungen am Sprunggelenk selten erforderlich. Eine Ausnahme stellt nach Angaben von Dr. Bader ein Riss der sogenannten Syndesmose dar. Das Wort Syndesmose stammt aus dem Griechischen, es ist eine Zusammensetzung der Begriffe „syn“ (zusammen) und „desmos“ (Band). Das Syndesmoseband ist deswegen so wichtig, weil es für Stabilität im Sprunggelenk sorgt und das untere Schienbein und das Wadenbein zusammenhält. Früher war es üblich, das Band einfach zusammenzunähen und es anschließend mit einer Stellschraube zu stabilisieren. Doch bei starker Belastung drohte oft ein neuer Riss. Inzwischen gibt es eine bessere Operationsmethode, die zu einer dauerhaften Stabilität im Sprunggelenk führt: ein Faden-Anker-System. Dr. Bader erläutert: „Mit einem speziellen Doppelfaden werden beide Knochen zusammengezogen und stabilisiert. Damit die Fäden in der notwendigen Position verbleiben, werden zusätzlich kleine Metallplättchen am Schien- und Wadenbein verankert.“ Für die Nachbehandlung erhält der Patient eine Orthese. In der Regel wird diese rund sechs Wochen lang getragen. Zusätzlich ist Physiotherapie wichtig.
Vorbeugen ist möglich
Gutsitzende Laufschuhe sind das A und O für Halt und Stabilität. Zusätzlich empfiehlt der Orthopäde einige Balance-Übungen, um die Propriozeption, die Wahrnehmung und Eigenempfindung des Körpers, zu verbessern. Dazu zählen vor allem Balance-Übungen auf einem Kippbrett/Balanceboard. Zum Beispiel auf einem Bein stehen und im fortgeschrittenen Stadium Kniebeugen auf einem Bein.
Unser Experte: Dr. Ulrich Bader ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in der OrthoPraxis in Gräfelfing. Dr. Bader besitzt große Expertise in der konservativen und operativen Behandlung von Hochleistungssportlern und Freizeitsportlern.
Autorin: Gabriele Hellwig
Die Orthopädieserie mit Dr. Bader
Füße: Teil 2 Fußfehlstellungen
Füße: Teil 3 Überlastungserscheinungen
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Foto: Jens Rother
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