Mach mal langsam!

Egal ob Hobbysportler oder Profi-Athlet – wir alle brauchen sie: Die Regeneration! Nur wer ausreichend regeneriert, kann mit voller Kraft in die neue Trainingseinheit starten und wird auch langfristig eine Leistungsverbesserung bemerken. Das wissen auch Top-Athletinnen wie Anna Hahner oder Ida-Sophie Hegemann. Sie haben uns verraten wie ihr persönliches Regenerations-Rezept aussieht.

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Regeneration – was ist das überhaupt?

Stress durch Belastung ist für uns überlebensnotwendig. Training besteht aus ständiger Belastung und Entlastung biologischer Systeme. Diese antworten auf einen entsprechenden Trainingsreiz mit einer Erhaltung, Anpassung und Verbesserung von Funktionen und Strukturen auf zellulärer Ebene. Jede Belastung muss aber in einen ausreichenden Erholungsprozess eingebettet sein, denn Änderungen brauchen Zeit und der Körper wird durch den Trainingsreiz erst einmal geschwächt, ehe er an Ausdauer bzw. Kraft zulegt und sich die Trainingseffekte bemerkbar machen.

Die Trainingseffizienz und somit die Qualität hängen also nicht nur von Intensität und dem Umfang eines Trainingsreizes ab, sondern auch von der Art und zeitlichen Dauer der Regenerationsmaßnahmen vor- und hinterher. Hierin liegt die eigentliche Kunst, gute und individuelle Trainingspläne zu schreiben. Jeder Körper reagiert aufgrund seiner individuellen Ausstattung anders.

Systeme werden repariert und angepasst

Nach einer Phase der Erschöpfung beginnt in der Kompensationsphase der Reparaturbetrieb. Die lädierten Systeme werden verbessert. Das kann eine Vergrößerung des Glykogendepots, eine wirksamere oder vermehrte Enzymausstattung oder Umstrukturierungen in den Muskelfasern bedeuten. Je nachdem, wie hart oder ungewohnt ein Reiz war, dauert die Anpassung länger oder kürzer. Der gewünschte Trainingseffekt ist die Verbesserung des Ausgangsniveaus, was in der Fachsprache als Superkompensation bezeichnet wird. Der Körper legt nochmal eine Schippe drauf! Je nach Art des Trainings nimmt zum Beispiel das Lungenvolumen zu oder die Muskelfasern verdicken sich.

Die eigentliche Leistungsverbesserung geschieht in der Regenerationsphase nach dem Training, nicht im harten Training selbst.

Werden neue Reize in einem optimalen Abstand, nicht zu früh und nicht zu spät, gesetzt, so ist der Leistungszuwachs optimal. Werden dieselben Reize zu dicht gesetzt, dann kommt der Körper mit der Reparatur und Anpassung nicht hinterher. Die Reise geht in den Keller. Man ist übertrainiert, fühlt sich müde und ist anfälliger für Verletzungen. Leichte Spannung in den Muskeln ist ein Zeichen richtig dosierten Trainings, starker Muskelkater ist ein Zeichen einer Überlastung und der beste Beweis, noch mal einen Tag Pause zu machen.

Dauer der Regeneration

Junge Menschen erholen sich grundsätzlich schneller als ältere. Ein fitter Sportler mit einer guten Grundlagenausdauer steckt intensivere Reize schneller weg, weil bei ihm z.B. mehr Blut durch die vielen Kapillaren in den Muskeln fließt. Ein Intervalltraining beansprucht den anaeroben Kohlenhydratstoffwechsel, ein langer ruhiger Dauerlauf den aeroben Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel. Das Glykogendepot braucht bis zu drei Tage zur Auffüllung, der Wasserhaushalt ist schnell ausgeglichen. Die meiste Zeit braucht aber die Orthopädie.

Gut durchblutete Muskeln passen sich schneller an als die schlecht durchbluteten Sehnenansätze. Man muss also im Trainingsprozess immer auf das schwächste Glied warten. Ein weit verbreiteter Fehler ist es, die regenerativen Läufe zu schnell zu absolvieren. Man glaubt zwar, mehr Qualität in sein Training gebracht zu haben, in Wirklichkeit hat er aber die Erholung von den entscheidenden Wocheneinheiten verzögert.

Wer langfristig erfolgreich trainieren möchte, sollte deshalb Belastung und Erholung aufeinander abstimmen. Bedeutet: Genauso sorgfältig, wie du deine Lauf- bzw. Trainingseinheiten vorbereitest, solltest du auch die trainingsfreien Tage gestalten. Wie das im Einzelnen aussehen kann, verraten uns vier erfolgreiche Leistungssportler:

Anna Hahner

Die erfolgreiche Langstreckenläuferin und mehrfach 1. Platzierte Marathon-Finisherin (GutsMuths-Rennsteiglauf 2021, Hannover 2016) setzt auf Kompressionsstrümpfe und kaltes Wasser. „Wenn ich die Möglichkeit habe, gehe ich nach einem Wettkampf oder einer intensiven Einheit direkt ins kalte Wasser“, sagt Hahner. „Bei meinem Traillauf auf Madeira bin ich direkt nach dem Wettkampf im Ozean schwimmen gegangen. Die Kompression im Wasser und das moderate Bewegen fühlen sich wie eine Massage an und sind Balsam für Körper und Seele“, so Anna Hahner. Und wenn gerade einmal kein Meer, Bergsee oder -bach in der Nähe ist, darf es auch eine kalte Dusche sein.

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Lord Jens Kramer

Wie wichtig Regeneration ist, weiß auch Lord Jens Kramer. In diesem Jahr finishte der passionierte Trailläufer innerhalb von nur zwei Monaten zwei Etappen-Rennen von jeweils rund 250 Kilometern: Den Transalpine Run und den Marathon Des Sables. Nach derart extremen Belastungen verordnet er sich in der Regel ca. zwei Tage Pause. „Ich gehe allerhöchstens etwas Radfahren, aber wirklich nur ganz locker, maximal eine Stunde“, sagt Lord Jens Kramer. „Ansonsten mache ich auch ein lockeres Läufchen, um die aktive Regeneration zu unterstützen.“ Zusätzlich setzt der Extrem-Läufer auf Kompressionsstrümpfe – auch beim Schlafen: „Die sind super und helfen meiner müden Muskulatur schneller wieder fit zu werden.“

Ida-Sophie Hegemann

Mehrtägige Etappenläufe und intensive Belastungen stehen auch bei Ida-Sophie Hegemann regelmäßig auf dem Plan. Die mehrfache Gewinnerin des Transalpine Runs hat über die Jahre eine dreistufige Regenerationsgewohnheit entwickelt, die sich gerade bei großen Wettkämpfen bewehrt:

  1. „Ich gehe ins Eisbad. Das kann ein kalter Bergsee sein oder in Trainingsphasen unsere Ice-Tube.
  2. Direkt danach dusche ich meine Beine im Wechsel heiß-kalt ab.
  3. Anschließend reibe ich sie mit Latschenkiefer ein und lege sie hoch. Vor dem Schlafengehen mache ich entweder eine Regenerationsmassage (z.B. Compex) für meine Beine oder gehe zu einem Physiotherapeuten.“

Dr. Friederike Feil

Ernährungsexpertin Friederike Feil setzt auf einen Mix aus richtiger Ernährung und wohltuenden Bädern, um die Regeneration zu fördern: „Sofort nach dem Training trinke ich ein Glas Molkeneiweiß-Shake mit 20-30g Molkeneiweiß. Das sorgt dafür, dass Mikrorisse schneller heilen“, so die ehemalige deutsche Hindernisläuferin. Auf diese Weise werde sie schneller wieder fit für das nächste Training. Ganz wichtig dabei: Auf Qualität achten und auf Zusatzstoffe verzichten. „Der Körper ist ein Ferrari und braucht hochwertiges Benzin.“ Alternativ empfiehlt Feil ein warmes Basenbad am Abend. „Das regt die Durchblutung an und sorgt so dafür, dass die Zellen besser mit Nährstoffen versorgt werden.“

Fotocredits: David Bühne

Du willst mehr über diese vier Profis erfahren, dann höre dir ihre Podcast-Folgen von RUNTiMES an:

In unserer Rubrik Laufhelden findest du ihre Streckbriefe:

Anna und Lisa Hahner

Lord Jens Kramer

Ida-Sophie Hegemann

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