Wenn die Schuhe drücken
Fußfehlstellungen sind weit verbreitet. Rund 80 Prozent der Menschen laufen mit irgendeiner kleinen oder größeren Fehlstellung durch die Gegend. Das Problem: Oft wird die Fehlstellung anfangs nicht beachtet, denn besonders zu Beginn verursacht sie kaum Beschwerden. Doch unbehandelt schreitet die Fußfehlstellung weiter voran. Wer zu lange wartet, riskiert nicht nur Druckschmerzen in den Sportschuhen, sondern vor allem auch Fehlbelastungen der Sehnen und Gelenke.
Der Spreizfuß
Einige Fehlstellungen sind angeboren, andere sind erworben. Der Spreizfuß gilt als häufigste Fußdeformität. Dabei senkt sich das Quergewölbe ab und die Mittelfußknochen sind fächerförmig auseinandergespreizt. Das Körpergewicht ruht jetzt nicht mehr auf den äußeren Zehenballen, sondern auf den zweiten bis vierten Mittelfußknochen.
„Einen Spreizfuß erwirbt man fast immer im Erwachsenenalter, sagt Dr. Ulrich Bader, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in der OrthoPraxis in Gräfelfing. Eine Ursache ist Übergewicht, denn durch das höhere Körpergewicht wird der Vorderfuß stärker nach unten gedrückt.
Der Ballenzeh
Besonders stark verbreitet ist auch der Ballenzeh, medizinisch Hallux valgus genannt. Dabei schiebt sich der erste Mittelfußknochen nach außen und ein sichtbar herausragender Ballen entsteht.
Dr. Bader: „Vor allem Frauen sind betroffen, da sie im Vergleich zu Männern ein schwächeres Stütz- und Bindegewebe haben. Deshalb können sich bei ihnen die Knochen stärker verschieben.“ Durch hormonelle Veränderungen wie eine Schwangerschaft kann das Bindegewebe dann noch nachgiebiger werden.
Aber auch die Veranlagung spielt eine große Rolle. Wer in der Freizeit hohe und spitze Schuhe trägt, verschlimmert oft die Fehlstellung. „In hohen und spitzen Schuhe werden die Zehen gequetscht“, warnt Dr. Bader. „Außerdem verlagert sich bei zu hohen Schuhen das gesamte Körpergewicht, das normalerweise von der Ferse abgefangen wird, auf den Vorfuß.“
Der Senkfuß
Bei einem Senkfuß ist meistens eine zu schwach ausgeprägte Fußmuskulatur die Ursache. „Beim Senkfuß ist das Fußgewölbe abgeflacht beziehungsweise abgesenkt und liegt fast vollständig am Boden auf“, erklärt Dr. Bader. Eine Extremform des Senkfußes ist der Plattfuß. In diesem Fall liegt das Fußgewölbe komplett auf. Uncharmant werden solche Füße häufig auch „Entenfüße“ genannt.
Der Knickfuß
Beim Knickfuß wiederum knicken die Sprunggelenke nach innen, der Innenknöchel steht deutlich innen heraus. Die Ferse und der Unterschenkel befinden sich somit in einer X-Stellung. „Oft ist der Knickfuß mit dem Senkfuß kombiniert, das heißt gleichzeitig sinkt das Fußgewölbe nach unten ab: Der Fuß liegt platt auf dem Boden“, sagt Dr. Bader. Beim Knickfuß spielt die Veranlagung eine große Rolle. Er kann aber auch durch einen Unfall, Überbeanspruchung oder sogar durch eine neurologische Erkrankung entstehen.
„Eine Fußfehlstellung braucht in der Regel nur dann behandelt zu werden, wenn sie Beschwerden oder Schmerzen verursacht“, sagt Dr. Bader. Allerdings lohne es sich immer, über mögliche Folgen nachzudenken. Denn bei einer Fußfehlstellung werden bei jedem Schritt die Gelenke anders belastet. Mitunter kann es zu einer Überlastung der Fußgelenke oder sogar weiterer Gelenke des Körpers kommen, zum Beispiel Knie- oder Hüftgelenk. Im schlimmsten Fall verschleißen diese Gelenke dann schneller. Eine Arthrose entsteht.
Dr. Bader empfiehlt besonders Laufsportlern mit einer Fußfehlstellung, sich einmal beim Orthopäden untersuchen und beraten zu lassen: „Eine individuelle Diagnose ist wichtig, da sich jeder Mensch und jede Fehlstellung unterscheidet.“
Der Orthopäde wird gegebenenfalls auch weitere Untersuchungen veranlassen:
- Röntgenaufnahmen unter Belastung zeigen die Stellung der Knochen zueinander.
- Im MRT können auch Verschleißerscheinungen der Sehnen gut dargestellt werden.
- Eine Fußdruckmessung (Pedobarographie) misst die Druckverteilung unter den Fußsohlen beim Stehen und beim Gehen.
- Eine Laufanalyse kann Klarheit bringen, ob irgendwelche Gelenke überhaupt übermäßig belastet werden.
Oft helfen einfache Maßnahmen
Beginnen sich die Zehen zu verformen, wird in der Regel erst einmal versucht, mit einfachen Maßnahmen eine Besserung zu erzielen. Dr. Bader: „In leichten Fällen kann oft eine Druckentlastung helfen. Für betroffene Laufsportler sind spezielle Einlagen und gutsitzende Laufschuhe essenziell.“ Spezielle Krankengymnastik kann ebenfalls sinnvoll sein.
Eine Fußfehlstellung bildet sich leider nicht von selbst wieder zurück. Meistens verschlimmert sich die Fehlstellung mit der Zeit sogar noch. Dennoch: „Eine Operation sollte immer die letzte Option sein, wenn die konservativen Therapien nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben“, rät Dr. Bader.
Um eine Fußfehlstellung zu korrigieren, durchtrennt der Arzt die schiefstehenden Knochen vorsichtig und bringt sie in die richtige Position. Damit die Knochen wieder gut zusammenwachsen, müssen sie verschraubt, verplattet oder verdrahtet werden. Übrigens: Auch nach einer Fuß-OP kann man – natürlich nach einer gewissen Pause (meistens 3-6 Monate) – wieder Marathon laufen!
Vorbeugen ist möglich
Die besten Tipps von Dr. Bader:
- Laufschuhe besorgen, die optimal passen.
- Am besten auch in der Freizeit bequeme Schuhe tragen.
- Die Lauftechnik sollte von einem Fachmann überprüft und gegebenenfalls verbessert werden.
- Eine Laufband-Analyse kann sehr hilfreich sein.
- Öfter mal barfuß laufen, sofern es das Wetter zulässt.Gut sind regelmäßige kurze Barfußläufe auf weichen Untergründen um Ihre Fußmuskulatur gezielt zu stärken.
- Hilfreich sind auch spezielle Gymnastikübungen, zum Beispiel die Großzehen abspreizen.
Unser Experte: Dr. Ulrich Bader ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in der OrthoPraxis in Gräfelfing. Dr. Bader besitzt große Expertise in der konservativen und operativen Behandlung von Hochleistungssportlern und Freizeitsportlern.
Autorin: Gabriele Hellwig
Füße: Teil 3 Überlastungserscheinungen
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