Vom Atlasgebirge bis zur Sahara

Das 120 Kilometer lange Abenteuer eines Ultraläufers

Im März dieses Jahres trafen sich Ultraläufer aus Deutschland, USA, Canada, UK, Österreich, Schweiz und Holland für ein ziemlich abgefahrenes Erlebnis: In nur 6 Tagen über das Atlasgebirge bis in die Sahara zu laufen. Michael Braun, aus Schwabach (bei Nürnberg), war dabei und berichtet in diesem Interview, was ihn am meisten begeistert, bewegt und herausgefordert hat.

Vom Atlasgebirge bis zur Sahara

Wie kamst du auf die verrückte Idee, vom Atlasgebirge bis in die Sahara zu laufen?

Michael: „Die Idee hatte meine Freundin. Sie wollte zu Ihrem runden Geburtstag an einem besonderen Laufevent teilnehmen, und da sie mit mir den geeigneten „verrückten Laufpartner“ hat, starteten wir die Planung.“

Wie hast du dich auf das Gebirge, die Wüste und die Ernährung vorbereitet?

Michael: „Als Trailläufer bin ich viel im Gelände, auch im Alpenraum unterwegs. Dadurch ist man das Bergauf und -ab gewohnt, wobei jede Strecke ihre eigenen Herausforderungen (Höhenmeter, Untergrund usw.) hat. Für die Wüste muss man zusätzlich noch die Hitze trainieren. Das war hier im Winter leider nicht möglich, also mussten wir auf Risiko gehen. Was mir sicher geholfen hat war die Teilnahme bei einigen Triathlon-Wettkämpfen – da war ich sehr oft auch viel bei Hitze unterwegs, auch beim Training.

Was die Ernährung betrifft, habe ich mich nicht vorbereitet, sondern mich für das 6-Tage-Rennen wie viele Sportler mit einigen Kohlehydrat-Gels und Sportriegeln versorgt.“

Vom Atlasgebirge bis zur Sahara

Ihr seid ja eine bunte Truppe aus allen Ecken der Welt gewesen – was waren die lustigsten und spannendsten Momente und wie kamt ihr miteinander zurecht?

Michael: „Ja, die Truppe war wirklich bunt! Wobei wir noch die harmlosesten waren, zumindest nach meinem Gefühl. Für uns alle war die marokkanische Küche und die Essensweise in so manchem Berberdorf anders und neu. Doch was mich am meisten beeindruckt hat war, dass es eigentlich keinen Unterschied gab – weil uns allen die Laufbegeisterung gemeinsam war und das Erlebnis in einer für uns noch fremden Welt.

Vielleicht hat es jeder auf seine eigene Art empfunden, doch erlebt haben wir es gemeinsam. Wir lachten, sangen, tanzten, aßen und litten zusammen. Alle hatten ein Ziel. Unterhalten haben wir uns meist auf Englisch, dabei aber auch gern einige Worte aus der fremden Sprache ausgetauscht. Auch mit den Guides. Es war wirklich harmonisch mit der Truppe. Unsere Guides Pablo, Abdu, Yussef und Ibrahim gehörten immer dazu. Sie waren nicht nur dabei, sie waren Teil des Teams.“

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Treffpunkt war in Marrakesch, was hat dich an der Stadt besonders fasziniert?

Michael: „Wow, ja Marrakesch. Eine Mischung aus modern und „Die Zeit ist stehen geblieben“. Die Menschen, denen wir begegneten, waren sehr freundlich und lebensfroh. Eine sehr lebendige, aber auch touristische Stadt.“

Was habt ihr an den 6 Tagen vom Atlasgebirge bis zur Sahara erlebt?

Michael: „Also der Plan war ja, insgesamt an sechs Tagen die 120km über das Atlasgebirge bis in die Sahara zu laufen. Am ersten Tag sind wir in Richtung Atlasgebirge gefahren und dann sind wir mit mehreren Guides losgejoggt. Es war wie eine Hüttentour – nur dass die Strecken gelaufen wurden und es von Berberdorf zu Berberdorf ging. Hoch und runter, kreuz und quer, felsig steinig, querfeldein. Traumhafte Ausblicke auf schneebedeckte Berge, Schluchten und Felder.

Vom Atlasgebirge bis zur Sahara
Es war alles dabei, was ein Läuferherz höherschlagen lässt

In solchen Berberdörfer befanden sich auch die einfachen Unterkünfte mit einheimischer Verköstigung. Abends haben die Guides Musik für uns gemacht, indem sie einfach ihre kleinen Trommeln auspackten, und los ging es. Sie sangen dazu und wir versuchten mitzusingen. An einem Abend sollte jeder aus seiner Heimat ein Lied anstimmen. Das war wirklich eine Herausforderung. Ein polnisches Kinderlied von Anette (meiner Freundin) hat die Guides besonders beeindruckt. Ich glaube, diese Sprache hatten sie noch nie gehört. Nicht jedes Land wurde abgedeckt, aber das war egal. Wir hatten Spaß. Musik verbindet.

Jeden Tag ging es in ein anderes Dorf und zwischendurch übernachteten wir auch mal in einem Hotel. Die Tour führte uns bis auf 3000m Höhe mit Schnee und doch recht kühlem Wind, bevor der Abstieg begann. In den Berberdörfern durften wir auch mal eine kleine Schule besuchen. Besonders eindrücklich war für mich die Begegnung mit Nomaden. Sie haben sich sehr über uns seltsam gekleideten Menschen gewundert.

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Am meisten fasziniert hat mich die wunderschöne Landschaft Marokkos. Nach den kühleren Bergrouten wurde es dann Tag für Tag wärmer. An zwei Tagen haben wir mehrere Flussdurchquerungen machen „dürfen“. Dies war die beste Möglichkeit voranzukommen. Wir sind immer am Fluss entlang durch die Schluchten, sonst hätten wir ständig wieder Berge überqueren müssen. Ich denke das wäre zeitlich und natürlich auch organisatorisch sehr aufwändig geworden. Deshalb ging es immer wieder durch den hüfthohen, mit recht starker Strömung fliesenden Fluss. Dieser war in diesem Jahr, bedingt durch den starken Winter, höher als die Jahre davor. Und kalt war er.

Schließlich wurden wir mit einem Shuttle zu unserer zweitägigen Wüstentour in die Sahara gefahren. Abends wurden nach einer kurzen Erfrischungspause die Dünen erklommen. Ein ziemlich anstrengender Kurztripp am Abend. Aber dieser wurde mit einem wunderschönen Sonnenuntergang auf einer Düne belohnt.

Am nächsten Tag war es dann so weit: Die längste Strecke in der Wüste wartete auf uns. Wir haben Sonnenschutz aufgetragen, den Trailrucksack mit genug Flüssigkeit gefüllt und haben uns morgens um 5 Uhr bei traumhaftem Sternenhimmel auf die Sandpiste begeben. Der Weg führte uns über Dünen und Karawanenpfade bis zum Endpunkt der anstrengend verrückten, aber sensationellen, für uns traumhaften, aber auch wirklich teils anstrengenden Tour. Nach einer sechsstündigen Autofahrt erreichten wir wieder Marrakesch. Müde doch überglücklich.“

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Was gab es zu Essen – und hast du kulinarisch etwas kennengelernt, das du in Deutschland gerne öfter auf deinen Teller bringen würdest?

Michael: „Da dies kein Rennen als solches war, sondern eher eine Lauf-Wander-Tour, wurden wir auch vom Veranstalter (teils mit einheimischer Kost) versorgt. Da gab es immer eine Mittagspause mit marokkanischen Leckereien. Manchmal sogar etwas zu viel, da man ja immer wieder weiterlaufen musste. Es war immer sehr lecker, daher nahmen wir es gerne in Kauf, auch mal mit etwas vollerem Bauch wieder auf die Strecke zu gehen. Zusätzlich gab es in der Wüste leckere Datteln als Energiequelle.

Wir sind auf unseren Reisen immer interessiert an einheimischen Speisen, nicht international, sondern lokal heißt die Devise. In Marokko hieß das Zauberwort „Tajin“: Ein Tontopf, in dem eigentlich alles zubereitet wurde, was die marokkanische Küche hergab. Einfach lecker. Für mich war der „Nus Nus“ (der marokkanische Cappuccino) essenziell. Ohne Kaffee geht bei mir gar nichts. Und Abdu schaute immer, dass ich auch einen bekam. Perfekt der Typ. Auch die Geburtstagstorte für Anette hatte er für mich organisiert. Kaum zu glauben.“

Wie wichtig ist ein guter Tour-Guide bei solch einem Rennen?

Michael: „Ich denke mit dem Tourguide steht oder fällt dieses Event. Da wir uns auch auf Strecken bewegt haben, die nicht erschlossen sind oder keine richtigen Wege waren, ist bei dieser Tour ein einheimischer Guide mit guten Ortskenntnissen unverzichtbar. Wir haben nie bemerkt, dass irgendetwas nicht funktioniert hat. Dies sagt einiges über Abdu, unseren Tourguide, aus – einfach sensationell. Auch die anderen Guides haben eine super Arbeit gemacht und waren streckentechnisch wie menschlich einfach top.“

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Welchen Moment der 120 Kilometer-langen Lauf-Reise wirst du niemals vergessen?

Michael: „Das beeindruckendste für mich persönlich war der Moment, als wir kurz nach dem Start morgens um 5 Uhr die letzte Etappe durch die Wüste bin zum Ziel liefen. Da haben wir kurz angehalten, die Stirnlampen ausgemacht und dann in den Himmel geschaut. Diese Ruhe und diese wahnsinnig vielen Sterne. Selbst die Milchstraße war deutlich zu sehen. Unwirklich schön. Einfach wundervoll. Fast kamen einem die Tränen. Nicht nur fast…

Aber auch der Tag nach dem Abenteuer hat mich sehr bewegt, als wir uns alle noch einmal zum gemeinsamen Essen trafen, um die Tour ausklingen zu lassen und Abschied von den irgendwie fast schon zu Freunden gewordenen Teilnehmern und Guides zu nehmen. Aus allen möglichen Ländern der Erde und doch so herzlich vereint.

Laufen ist Lebensqualität! Laufen verbindet! Laufen ist Leben!

Wir bedanken uns sehr herzlich für das Interview!

Fotos: Michael Braun; photocircle

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