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Rosengarten Schlern Skymarathon –
Nirgends leidet man schöner
In der Startzone brummt es. Noch ein letzter Schluck Wasser, den Trailrucksack festzurren, die Beine ausschütteln: Gleich geht es los.
Fast 400 Läuferinnen und Läufer aus 13 Nationen haben sich zum diesjährigen Rosengarten Schlern Skymarathon angemeldet. Bei der legendären Veranstaltung in der Urlaubsregion Seiser Alm in Südtirol gibt es zwei Strecken zur Auswahl: 36 und 45 Kilometer und dazu jede Menge Höhenmeter. Ich bin zum ersten Mal dabei und kann mich anschließend nicht erinnern, je so schöne Impressionen bei einem Lauf eingefangen zu haben.
Ein Lauf, bei dem man die Zeit vergisst
Faszination Südtirol
Südtirol besitzt eine einzigartige, aufsehenerregende und sagenumwobene Landschaft. Die Region ist bekannt für die Schönheit der Dolomiten und geprägt von dem Kontrast zwischen alpinen Bergzügen und mediterranen Weinlandschaften. Südtirol ist eine der begehrtesten Lebensräume in Europa. Mit über 300 Sonnentagen und einem angenehmen Klima zieht es viele Urlauber in die Region und es entstehen viele typische Südtiroler Spezialitäten wie Wein, Äpfel, Säfte und Speck. Traditionsbewusstsein, Gelassenheit und die Liebe zur Natur zeichnet die Menschen hier aus. Und Läufer lieben die Gegend wegen ihrer vielen schönen Trails und Wettkämpfe.
Tiers
Die kleine italienische Gemeinde Tiers liegt am Fuße des Rosengartens im Tierser Tal in der Nähe von Bozen zwischen 700 und 3.000 Meter über dem Meer und zählt rund 1.000 Einwohner. Ein Großteil von Tiers befindet sich im weitläufigen Naturschutzgebiet. Es zieht nicht nur Läufer, sondern auch Mountainbiker, Wanderer, Wintersportler, Bergsteiger und Paragleiter in die bezaubernde Landschaft.
Lang, hart und fantastisch – der Rosengarten Schlern Skymarathon
Eigentlich sagt der Name alles: dieses Rennen am Rosengarten ist kein Kinderspiel, sondern bringt einen ganz schön an die Grenzen – ist dabei aber landschaftlich dermaßen beeindruckend, dass die Eindrücke allen Schweiß und Schmerz entschädigen. Die Erfahrungen und Bilder, die man hier einsammelt, sind grandios. Abwechslungsreich und unvergesslich.
Beim Rosengarten Schlern Skymarathon in der Urlaubsregion Seiser Alm gibt es zwei Strecken zur Auswahl: Die kleinere Strecke misst 36 Kilometer, die lange 45 Kilometer, beim ersteren bekommt man es mit 2.000, beim zweiten mit 3.000 Höhenmetern zu tun. Gestartet wird morgens um 7 Uhr in Tiers – St. Zyprian auf ca. 1.100 Meter über dem Meeresspiegel. Der Marathon umrundet das Rosengarten-Massiv. Der höchste Punkt ist der Grasleitenpass mit 2.610 Metern. Das Ziel befindet sich in Tiers.
Laufen wie eine Berggämse: Marion
Einen Tag vor dem Rennen treffe ich Marion Rieder im Familiengeführten Alpinhotel Vajolet in Tiers, in dem sie auch mitarbeitet. Sie hat erst vor zwei Jahren so richtig Feuer fürs Trailrunning gefangen, als sie zum ersten Mal bei der kurzen Distanz des Skymarathons teilnahm. In diesem Jahr will sie die lange Distanz meistern und ist sehr aufgeregt. „Ich kann nicht schlafen vor lauter Vorfreude! Die Strecke ist der Wahnsinn.“
Marion liebt es, sich morgens schon vor Sonnenaufgang auf die Trails zu begeben. „Die Momente, wenn man das Gipfelkreuz erreicht und wenn dann noch die Sonne aufgeht, das ist so ein schönes Gefühl, da bekomme ich jedes Mal Kraft für den ganzen Tag!“ Sie ist bisher die einzige Trailläuferin in der Familie. Ihr Bruder will es irgendwann auch mal versuchen, allerdings ist es ihm ein Rätsel, wie seine Schwester morgens schon so früh aktiv sein kann. Für ihre Mutter ist Marion „wie eine kleine Gämse, unglaublich, wie sie sich in den Bergen bewegt. Also von mir hat sie das sicher nicht!“
Das Laufen in den Bergen gibt Kraft und Freude. Und drängt Menschen aus den verschiedensten Ecken der Welt nach Tiers. Flachland-Jogger auf der Suche nach Höhenmetern, Stadtmenschen die sich nach einem spektakulären Naturabenteuer sehnen und natürlich jede Menge Trail-Liebhaber. Für den Skymarathon muss man schon fit sein, die Strecke ist anspruchsvoll – sowohl bei der „kurzen“ als auch bei der langen Distanz warten einige Herausforderungen…
Die lange Strecke: 45 Kilometer, Bergwelten und Heldenreise
Die 45 Kilometer beinhalten mehrere Pässe, wie den Grasleitenpass und den Molignonpass, es geht zum Schlern und über die Teufelsschlucht, welche von vielen Teilnehmern auch „der Prügelweg“ genannt wird und nach dem letzten Aufstieg auf den Tschafon heißt es bergab und zurück ins Ziel in Tiers.
Der Aufstieg beinhaltet ca. 2.980 Meter. Der Abstieg fast 3.100 Meter.
Der besondere Reiz der langen Strecke ist zum einen ohne Frage das beeindruckende Naturerlebnis, zum anderen die Tatsache, dass der Lauf ganz ohne Asphalt auskommt – was viele Trail-Liebhaber sehr reizvoll finden.
Die kurze Strecke: 36 Kilometer – fast zu schön, um wahr zu sein
Zunächst geht es immer bergauf, genau wie bei der langen Strecke laufen die Teilnehmer über Plafötsch, die Hanicker Schwaige, die Kölner Hütte, die Rotwand- und Vajolet-Hütte um das Rosengarten-Massiv herum bis zum Grasleitenpass und von da wieder bergab zur Grasleitenhütte, durch das Tschamintal bis zur Taschaminschwaige und über Weißlandbad und die Oberstraße zurück nach Tiers ins Ziel.
Der Abstieg: ca. 1.908m. Der Aufstieg: 1.935m
Glücksmomente, Schnee-Ungeheuer und Blasmusik
Am Morgen versammeln sich die Teilnehmenden aus 13 Nationen im Startbereich, um 7 Uhr geht es endlich los und der erste Teil der Strecke führt uns immer bergauf, über kleine Pfade über Wiesen und durch Wälder hinauf. Ich unterhalte mich lange mit einer Läuferin, die eigentlich Skifahrerin ist und mir ihre Heimat Italien schmackhaft macht. „Wie könnt ihr denn beim Laufen noch so locker reden?“, fragt uns ein Herr, den wir überholen. „Wir sind Frauen, wir können immer reden!“, scherzt die Italienerin.
Doch bald verschlägt es uns die Sprache – die Naturimpressionen sind schlichtweg überwältigend. Ich liebe diese Almen, das Geräusch der Kuh-Glocken, die Farben, die Sicht ins Tal. Der Lauf ist sehr abwechslungsreich, die Verpflegungsstationen immer eine willkommene Tankstelle und die Menschen an der Strecke fröhlich und motivierend. Selbst die Wanderer, die sich sicherlich etwas „überrannt“ fühlen könnten, rufen „Forza, forza!“ oder „Weiter so!“ und machen uns Platz.
Die Strecke ist durchaus anspruchsvoll – ich merke, dass ich lange nicht mehr auf schmalen steinigen Trails unterwegs war und kann doch nicht anders, als immer wieder meinen Blick schweifen zu lassen. Almen, Wälder, Bergwelten in verschiedenen Farbtönen, krasse Anstiege, weicher Untergrund, steiniger Boden, kleine Felsen, Schnee, Steige, Wasserläufe und Blumenwiesen – es ist alles dabei und es kommt nicht einen Moment lang Langweile auf.
Meine Herausforderung des Tages ist nicht der Lauf, sondern eine lange Schnee-Passage. Zweimal wartet nach dem erfolgreichen Erreichen eines Bergkamms eine weiße Welt. Als ich zum zweiten Mal oben auf einem Pass stehe und vor mir eine scheinbar endlose Schnee-Welt wartet, muss ich lachen. Ich kann nicht Ski fahren und überlege, was die beste Strategie sein könnte, um möglichst unbeschadet unten anzukommen. Manche Läufer hocken sich hin und rutschen wie auf Skiern hinab. Andere laufen mit herumfurchtelnden Amen voll drauf los. Viele legen sich lang. Immer wieder ertönt ein Lachen, ein Schimpfwort oder ein schlichtes „Aua!“
Ich probiere, mit dem Hintern wie auf einem Schlitten hinabzugleiten, nicht daran denkend, dass es Steine gibt, die mir auf dem Weg begegnen könnten… Als wäre die Situation nicht skurril genug, klingt von unten Heimatmusik von Bläsern, die ein beruhigendes Stück vortragen. Als ich endlich unten ankomme, applaudieren ein paar Männer der Bergwacht. Ich rufe ihnen kurz zu, dass ich beschlossen habe, doch mal Skifahren zu lernen. „Das kann in den Bergen nie schaden!“, lautet ihre Antwort. „Das Gute ist, dass du so bunt angezogen bist, dass man dich nicht übersieht und überfährt!“ Meine Hose ist noch ganz, allerdings nicht mehr pink, sondern eher lila und klatschnass.
Es geht weiter. Hier unten trennen sich die Wege. Teilnehmer der kurzen Distanz – wie meine Wenigkeit – laufen weiter bergab. Für die Helden der langen Distanz geht es noch einmal bergauf. Ich bin in diesem Moment ganz dankbar, dass ich nur die 36 Kilometer bestreiten muss, auch wenn ich jeden Meter genieße.
Der Lauf ist anstrengend und wunderschön. Und man bekommt die Gegend von ihren bezauberndsten Seiten zu sehen, für die man beim Wandern einige Tage brauchen würde. Das liebe ich so am Trailrunning in den Bergen – dass man in kurzer Zeit wie in einem Film ein Abenteuer erlebt. Ich laufe einige Kilometer lang mit Daniel zusammen. Er wollte eigentlich die lange Strecke finishen, aber hat früh Krämpfe bekommen und sich entschlossen, auf die kurze Distanz zu wechseln. „Ich habe meiner Frau das Versprechen gegeben, heil ins Ziel zu kommen!“, erzählt er mir. Ich muss schmunzeln. Das Gleiche habe ich meinem Mann versprochen, als ich heut Morgen zur Startlinie ging.
Als wir eine kleine Steigung hinter uns gebracht haben, klatscht ein Streckenposten aufmunternd in die Hände, „von jetzt an geht es nur noch bergab!“, sagt er aufmunternd. „Wie schade!“, rufe ich ihm zu. „Schade? Das ist das erste Mal, dass ich das höre!“ antwortet der Mann lachend. Ich bin nicht besonders gut im Bergablaufen und mir stecken zwei Läufe vom letzten Wochenende in den Knochen.
Es wird warm und es geht auf kleinen Pfaden durch die Wälder, über eine wunderschöne Wiese mit Wildpferden hinab auf einem Forstweg ins Tal. Es zieht sich zum ersten Mal ein wenig, die Beine werden müde. Das Ziel ruft. Dann kommt ein kleiner Teerabschnitt. Und zum Schluss laufen wir über eine Wiese auf die kleine Dorfkirche in Tiers zu und werden im Ziel von den anderen Finishern und Zuschauern begeistert empfangen.
Mein Mann empfängt mich und fragt, wie es war und warum ich so glücklich aussehe. Meine Antwort: „Leiden war noch nie so schön! So eine grandiose Strecke habe ich selten erlebt! Im nächsten Jahr musst du auch dabei sein!“
Im Zielbereich wartet auf alle Finisher ein leckeres Essen. Hier trifft man alte Bekannte wieder – wie den Trailläufer Lord Jens Kramer, den ich vom Transalpine Run und anderen Rennen kenne. Die Trailwelt ist klein. Für Jens ist der Skymarathon das dritte Rennen der letzten drei Wochen. Er hat es genossen, nach der langen Coronabedingten Zwangspause endlich wieder einen Wettkampf bestreiten zu dürfen: „Ich nehme zurzeit alle Rennen mit, die es in der Gegend so gibt. Ich habe es so vermisst und es tut so gut, wieder um etwas zu ringen, mit anderen Läufern aktiv zu sein und im Ziel empfangen zu werden. Mir hat die Schnee-Passage super viel Spaß gemacht, es war schon mehr Schnee dort oben als sonst.“
Siegesfreuden
Andreas Reiterer und Regina Spiess gewinnen die lange Strecke (45 Kilometer, 3.000 d+).
Bei der kürzeren Distanz von 36 Kilometern können sich Luca Clars und Katharina Esswein durchsetzen. Siegerin Regina Spiess kann ihr Glück erst gar nicht fassen: „Ich war sonst mal Zweite oder Dritte – dass ich mal auf dem ersten Platz lande, damit hätte ich im Leben nicht gerechnet!“
Der Sieger der langen Strecke Andreas Reiterer ist das Gewinnen schon gewohnt. Er hat schon über 50 Preise beim Skymarathon gewonnen und stand bereits 2018 ganz oben auf dem Treppchen. Am Abend vor dem diesjährigen Rennen hat er noch im Hotel seiner Eltern gekocht. Er kommt aus einem kleinen Dorf in Italien und fand die Corona-Zeit gar nicht so schlecht: „Da der Hotelbetrieb geschlossen war, hatte ich viel mehr Zeit zum Trainieren!“
Der Schnee auf der Strecke war für ihn kein Problem, sondern hat den Spaßfaktor eher noch erhöht. Der Italiener isst nichts Besonderes und hat auch keine speziellen Tipps auf Lager, wie man für solch einen Lauf trainieren sollte – außer dem, was nahe liegt: „Viel Zeit in den Bergen verbringen, einfach viele Trails laufen. Und nach dem Wettkampf mal drei Tage Pause machen, um zu regenerieren.“ Sein großes Ziel ist es, den UTMB zu gewinnen.
Organisiert wird der Rosengarten Schlern Skymarathon vom OK-Team, dem ASV Tiers und DYNAFIT. Dass die Atmosphäre so ungezwungen und fröhlich ist, liegt auch an den vielen freiwilligen Helfern an der Strecke. Dass 150 von rund 1.000 Einwohnern vor und beim Rennen helfen, ist schon etwas Besonderes. Viele von ihnen sind schon seit 4 Uhr in der Frühe aktiv und seit Tagen im Einsatz, um den Teilnehmern ein richtig schönes und professionelles Event zu bieten.
Fazit
Eine anspruchsvolle Strecke mit genialen Naturerlebnissen. Den Skymarathon muss man einmal im Leben gelaufen sein, er gehört für mich zu den Top 5 Trail-Läufen in Europa.
Tipp: Im familiengeführten 4-Sterne-Berghotel Vajolet in Tiers absteigen. Es liegt optimal – mitten inTiers und die unberührte Natur in greifbarer bzw. laufbarer Nähe. Bei der Einrichtung wurde auf natürliche Materialien geachtet, die warme Atmosphäre, das schöne Design und das ausgezeichnete Essen sowie der herzliche und familiäre Umgang sorgen dafür, dass man wirklich runterkommen und auftanken kann.
Hier geht’s zu den Rennberichten:
Übersicht des Südtirol Specials.