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Schmerzen unter der Kniescheibe – was Läufer wissen sollten

Ob beim Bergablaufen oder bei schnellen Tempowechseln – viele Läufer kennen das unangenehme Ziehen oder Stechen direkt unterhalb der Kniescheibe. Welche Ursachen hinter diesen Schmerzen stecken und was dagegen hilft, erklärt Dr. Ulrich Bader, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in der OrthoPraxis Gräfelfing.

Schmerzen unter der Kniescheibe haben vielfältige Ursachen

Schmerzen unter der Kniescheibe haben vielfältige Ursachen

Woher kommen die Schmerzen?

Die möglichen Auslöser für Schmerzen unterhalb der Kniescheibe sind vielfältig – und nicht immer leicht zu unterscheiden. Denn der vordere Knieschmerz kann verschiedene Strukturen im Knie betreffen, die bei Belastung gereizt oder überbeansprucht werden:

  1. Die Patellasehne verbindet die Kniescheibe mit dem Schienbein und reagiert besonders empfindlich auf wiederholte Belastung. Vor allem Trailrunner und Läufer mit vielen Bergab-Passagen sind betroffen – man spricht auch vom sogenannten Patellaspitzensyndrom oder „Jumpers‘ Knee“.
  2. Die Kniescheibe selbst, deren Gleitverhalten in der Oberschenkelrinne durch Form oder Fehlstellung gestört sein kann. Man nennt dies auch Maltracking: „Die Kniescheibe gleitet nicht mittig in ihrer Bahn, sondern kippt nach außen. Dies verstärkt sich mit zunehmender Beugung“, erklärt Dr. Bader. „Die Ursache ist oft eine Kombination aus muskulärer Schwäche und Beinachsfehlstellung.“
  3. Ein Knickfuß, bei dem der Fuß nach innen kippt, kann über eine Rotationsfehlstellung des Unterschenkels den Verlauf der Kniescheibe negativ beeinflussen.
  4. Eine beginnende Arthrose hinter der Kniescheibe (retropatellare Arthrose) kann ebenfalls für Schmerzen im vorderen Kniebereich verantwortlich sein. Dabei kommt es zu einem Knorpelverschleiß im Gleitlager zwischen Kniescheibe und Oberschenkelknochen.
  5. Der Hoffa’sche Fettkörper, ein Fettpolster hinter der Patellasehne, kann sich entzünden und anschwellen. Durch die Schwellung entsteht zusätzlicher Druck im Gelenk.
  6. Schleimhautfalten (Plicae) im Kniegelenk können bei starker Beugung eingeklemmt werden und dadurch Schmerzen verursachen. Vor allem bei Beugebewegungen über 90 Grad – etwa beim Hocken oder beim Sprintstart – kann es durch Reibung oder Einklemmen zu Reizzuständen kommen.
  7. Eine Reizung des Vorderhorns des Meniskus ist seltener – aber nicht ausgeschlossen – und kann ebenfalls Beschwerden im vorderen Knie auslösen.

Wenn es nur gelegentlich im Knie zieht oder drückt, muss man nicht gleich in Panik verfallen“, beruhigt Dr. Bader. In solchen Fällen empfiehlt es sich, die Laufbelastung etwas zu reduzieren, auf flacheres Gelände auszuweichen und dem Knie Zeit zur Erholung zu geben.

Treten die Schmerzen jedoch regelmäßig auf oder verschlimmern sie sich, sollte eine ärztliche Abklärung erfolgen.

Ultraschall, Röntgen oder MRT? – So läuft die Diagnostik

Die klinische Untersuchung steht am Anfang jeder Diagnostik. Besteht der Verdacht auf eine Reizung der Patellasehne, ist ein Ultraschall die erste Wahl. Er kann Verdickungen, Einblutungen oder grobe strukturelle Veränderungen gut abbilden.

Röntgenaufnahmen sind bei Auffälligkeiten in der Beinachse oder bei Verdacht auf Fehlstellungen der Kniescheibe sinnvoll. Um tieferliegende Strukturen wie den Fettkörper oder Schleimhautfalten genau beurteilen zu können, ist eine Magnetresonanztomographie (MRT) das beste Verfahren.

Die Läufersprechstunde

Regelmäßiges Laufen macht munter und gesund. Wir verzichten nicht gerne darauf. Wenn es dann doch mal zu laufbedingten Beschwerden kommt, brauchen wir Hilfe vom Experten. Wie wir typische Laufbeschwerden wieder loswerden oder zumindest mindern können, was die Ursachen und Lösungen sind, erfährst du hier: In dieser 9-teiligen Gesundheitsserie laden wir dich ein in die Läufer-Sprechstunde von Dr. Ulrich Bader.

Das hilft bei Schmerzen unter der Kniescheibe

Dr. Bader empfiehlt in den meisten Fällen eine konservative Behandlung. Je nach individueller Ursache kommen unterschiedliche Maßnahmen infrage:

  • Physiotherapie:Im Zentrum steht der gezielte Aufbau der Muskulatur rund um das Knie – insbesondere des Vastus medialis, dem inneren Anteil des Oberschenkelmuskels. „Diese Muskelpartie spielt eine entscheidende Rolle für die Führung der Kniescheibe. Ist sie zu schwach, kann das Gleitverhalten der Patella gestört sein“, erklärt Dr. Bader. Durch gezielte Übungen lässt sich die Stabilität verbessern und die Belastung gleichmäßiger verteilen.
  • Bandagen:Spezielle Bandagen können helfen, die Kniescheibe sanft nach innen zu lenken. „Das unterstützt das natürliche Gleitverhalten und entlastet insbesondere bei Fehlstellungen“, so der Orthopäde. Viele Läufer empfinden Bandagen zudem subjektiv als stabilisierend und schmerzlindernd – besonders bei längeren Trainingseinheiten.
  • Einlagen:Orthopädische Einlagen kommen vor allem dann zum Einsatz, wenn eine Fußfehlstellung wie ein Knick-Senkfuß den Laufstil und damit auch die Biomechanik im Knie ungünstig beeinflusst. „Einlagen helfen nicht nur, den Fuß besser auszurichten, sondern wirken auch auf die Beinachse – und damit indirekt auf die Lage der Kniescheibe“, erklärt Dr. Bader.
  • Dehnübungen:Um die Patellasehne elastisch und gut durchblutet zu halten, sind sanfte Dehnübungen hilfreich – vor allem für die Oberschenkelvorderseite. Wichtig ist laut Dr. Bader: „Die Dehnung sollte ohne gleichzeitige Kraftbelastung erfolgen. Tiefe Kniebeugen mit Zusatzgewicht sind bei akuter Reizung kontraproduktiv.“ Stattdessen empfiehlt er isometrische Übungen und passive Dehnungen – insbesondere nach dem Training.
  • Stoßwellentherapie oder PRP (plättchenreiches Plasma):Bei chronischen oder therapieresistenten Beschwerden können auch Verfahren wie die extrakorporale Stoßwellentherapie oder eine Eigenbluttherapie (PRP-Injektion) in Betracht gezogen werden. Beide Methoden zielen darauf ab, Heilungsprozesse im Gewebe zu fördern und Entzündungen zu reduzieren.

Foto: Christian Liekmeier

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Vorbeugen ist möglich

 

Wer bisher keine Beschwerden hat, kann aktiv etwas tun, um Schmerzen unter der Kniescheibe vorzubeugen. Dr. Bader rät: „Regelmäßiges Training der Oberschenkelmuskulatur – etwa durch Kniebeugen ohne Zusatzgewicht – ist ebenso sinnvoll wie ein achtsamer Trainingsaufbau.“ Auch auf das Laufumfeld sollte geachtet werden: Harte Untergründe, Läufe in steilem Gelände oder ungeeignetes Schuhwerk erhöhen das Risiko für Beschwerden im Kniegelenk.

Unser Experte: Dr. Ulrich Bader ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in der OrthoPraxis in Gräfelfing. Dr. Bader besitzt große Expertise in der konservativen und operativen Behandlung von Hochleistungssportlern und Freizeitsportlern. Mehr Infos: www.ortho-graefelfing.de

Autorin: Gabriele Hellwig

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