Was hilft bei Knieschmerzen?
Läuferknie und Patellaspitzensyndrom
Beim Laufen vollbringt das Knie echte Höchstleistungen. Kein Wunder, dass die Sehnen häufig überlastet werden. Zu den häufigsten Erkrankungen bei Laufsportlern zählen daher das „Läuferknie“ und das „Patellaspitzensyndrom“.
Um gleich ein häufiges Missverständnis zu beseitigen: Das „Läuferknie“ und das „Patellaspitzensyndrom“ sind nicht ein- und dasselbe. Zwar sind in beiden Fällen die Sehnen im Knie überlastet. Aber es handelt sich um jeweils andere Sehnen im Knie, die Ärger bereiten und Knieschmerzen verursachen: Beim Läuferknie ist die Sehnenplatte an der Außenseite des Kniegelenks betroffen. Beim Patellaspitzensyndrom die Kniescheibensehne (Patellasehne).
Folglich unterscheiden sich auch die Symptome, wie Orthopäde Dr. Ulrich Bader erläutert: „Beim Läuferknie klagen die Betroffenen über einen stechenden Schmerz an der Außenseite des Kniegelenks. Beim Patellaspitzensyndrom machen sich die Schmerzen im vorderen Knie bemerkbar – besonders am Sehnenansatz der Kniescheibenspitze.“
Läuferknie – wie ein Seil an einer Felskante
Das Läuferknie (Runner´s Knee) wird medizinisch Ilio-tibiales Bandsyndrom (ITBS) genannt. Denn die Knieschmerzen entstehen durch Überlastung und Reizung des sogenannten Tractus iliotibialis. „Bei dem Tractus iliotibialis handelt es sich um eine Muskel-Sehnenplatte, die Gesäß, Hüfte und Knie verbindet. Sie hat ihren Ursprung am Becken und verläuft an der Seite des Oberschenkels bis hin zum Schienbeinkopf“, erklärt Dr. Bader. Dieser Verlauf entspricht im Grunde einer typischen Hosennaht.
Bei einem Läuferknie reibt der Tractus iliotibialis nun immer wieder am äußeren Knochenvorsprung des Oberschenkelknochens über dem Kniegelenk – wie ein Seil an einer Felskante. Dadurch wird das Gewebe strapaziert, kann sich entzünden und schmerzt.
„Zu intensives Training in Verbindung mit einer zu wenig erwärmten Muskulatur zählen zu den häufigsten Ursachen“, sagt Dr. Bader. Liegen Dysbalancen im Bereich der Bauch- und Hüftmuskulatur vor, verschlimmert sich die Situation in der Regel ebenfalls. Denn bei einer einseitig schwachen Muskulatur erhöht sich – um das Becken beim Laufen stabil zu halten – die Zugkraft auf die Sehnenplatte. Weitere Risikofaktoren für ein Läuferknie sind Fußfehlstellungen, O-Beine und natürlich auch ein falscher Laufstil oder unpassende Schuhe.
Patellasehne – kleinste Einrisse in der Sehne
Die Patellasehne verbindet die untere Spitze der Kniescheibe mit dem Schienbein. Auch beim Patellaspitzensyndrom haben eine chronische Überlastung oder Fehlbelastungen der Sehne zugesetzt. Verantwortlich für die Knieschmerzen sind aber nach derzeitigem Wissensstand weniger die Entzündung, die nun im Rahmen der Überlastung entsteht, sondern vielmehr kleinste Einrisse in der Sehne. Dr. Bader: „Die ständigen Reizungen können im Laufe der Zeit zu Mikrorupturen führen. Die Sehne fasert auf, degeneriert immer mehr.“
Oft trainieren die betroffenen Läufer zu viel oder es haben sich Technikfehler eingeschlichen. Zum Beispiel kann ein ungünstiger Laufstil zu einer unnötigen Mehrbelastung des Knies führen. Mitunter knickt der Sportler beim Laufen im Becken ein, dadurch verändert sich die Becken-Beinstatik und die Patellasehne ist ständig einem zu starken Zug ausgesetzt. Auch Muskelverkürzungen, ein Kniescheibenhochstand sowie Bänderschwächen, Bein- oder Fußfehlstellungen können Auslöser der Krankheit sein.
Genaue Diagnose entscheidend
Sowohl beim Läuferknie als auch beim Patellaspitzensyndrom liegen oft mehrere Ursachen gleichzeitig vor – daher ist eine genaue Diagnose sehr wichtig.
Der Orthopäde untersucht und beurteilt:
- das Kniegelenk
- die Kniescheibe
- die Funktion der Muskeln und Sehnen
- die Beinachsen
- die Fußformen
- die Fußgewölbe
Es schließen sich meistens Röntgenaufnahmen und eine Ultraschalluntersuchung an. Mittels Kernspintomografie kann eine exakte Einschätzung des Sehnenzustands erfolgen. Eine Computertomografie kann bei Verkalkungen der Sehne sinnvoll sein.
Dr. Bader: „Bei Laufsportlern ist außerdem eine Laufbandanalyse sehr empfehlenswert, um eventuelle Fehlbelastungen zu erkennen.“
Im Idealfall umfasst die Therapie mehrere Maßnahmen. Die Behandlung ist beim Läuferknie und Patellaspitzensyndrom ähnlich. Was hilft bei Knieschmerzen?
Der Orthopäde Dr. Ulrich Bader empfiehlt bei Sehnenproblemen im Knie:
Trainingspause. Zunächst muss das schmerzauslösende Training beschränkt oder eingestellt werden, damit keine weitere Belastung erfolgt und die Sehne sich beruhigt. Weiter trainieren unter Schmerzen ist auf keinen Fall angesagt.
Schmerzmittel. Um die Schmerzen zu beseitigen, können vorübergehend Schmerzmittel genommen werden.
Physiotherapie. Spezielle Übungen stärken die Muskulatur und Beweglichkeit. Die meist verkürzte Oberschenkelmuskulatur wird gedehnt, aber auch durch gezieltes Krafttraining gekräftigt.
Einlagen. Liegt beim Sportler gleichzeitig eine Fehlstellung der Füße vor, wird der Orthopäde Einlagen verordnen. Sie gleichen die Fehlstellung aus und entlasten das Knie.
Kniebandagen. Bandagen können die Sehne entlasten und das Knie besser stabilisieren. Aber Achtung: Auch mit Bandage nur Sport ausüben, wenn das Knie schmerzfrei ist.
Eigenblut-Plasmatherapie. Bei der Plasmatherapie handelt es sich um körpereigene Wachstumsfaktoren, die speziell aufbereitet und ins Knie injiziert werden. Diese Therapie nutzt die körpereigenen Wachstumsfaktoren im menschlichen Blut.
Stoßwellen. Die Stoßwellentherapie hat sich ebenfalls bei Sehnenproblemen im Knie bewährt. Die fokussierten, extrakorporalen Stoßwellen versetzen dem Gewebe einen „hochenergetischen Stoß“. Es bilden sich vermehrt Blutgefäße, die Durchblutung verbessert sich. Das wiederum aktiviert auch die Selbstheilungskräfte des Körpers.
Eine Operation ist nur in sehr seltenen Fällen notwendig, wie Dr. Bader erläutert: „Beim Läuferknie gibt es manchmal knöcherne Auswüchse. Die Sehne reibt dann bei jeder Bewegung über einen Knochenvorsprung. In solchen seltenen Fällen kann es sinnvoll sein, den Knochenvorsprung wegzufräsen.“
Unser Experte: Dr. Ulrich Bader ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in der OrthoPraxis in Gräfelfing. Dr. Bader besitzt große Expertise in der konservativen und operativen Behandlung von Hochleistungssportlern und Freizeitsportlern. Mehr Infos: www.ortho-graefelfing.de
Autorin: Gabriele Hellwig
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