Laufen im Winter

In der kalten Jahreszeit gibt es verschiedene Ansätze für Läufer: Der eine zielt darauf ab, eine Winter-Laufpause einzulegen, auf Alternativsportarten ausweichen und ganz auf Regeneration zu setzen – um den Körper mal richtig zur Ruhe kommen zu lassen. Andererseits gibt es Läufer, die unabhängig von jeder Witterung oder Temperatur konstant die Laufschuhe schnüren und das Laufpensum aufrechterhalten. Eine lange Laufpause steht für diese Gruppe nicht zur Debatte. Wir haben mit Orthopäde Dr. Ulrich Bader über die Vor- und Nachteile des Laufens im Winter gesprochen.

Laufen im Winter Landschaft

Laufen ist gesund – auch in der kalten Jahreszeit?

Dr. Bader: Bewegung hält den Kreislauf und die Abwehrkräfte auf Trab. Außerdem stärkt regelmäßiges Lauftraining das Immunsystem, was natürlich besonders in der jetzigen Erkältungssaison wichtig ist. Im Übrigen werden durch den Sport Glückshormone (Endorphine) ausgeschüttet – und die kann schließlich jeder gebrauchen. Außerdem ist es nicht empfehlenswert, eine monatelange Trainingspause einzulegen und im Frühjahr wieder bei fast Null zu beginnen.

Ist das Verletzungsrisiko für Laufsportler im Winter höher als im Sommer?

Dr. Bader: Allein schon, weil der Untergrund oft glatter, rutschiger oder sogar vereist ist und die Lichtverhältnisse schlechter sind, steigt das Risiko. Leichter als sonst kann man ausrutschen, umknicken oder sogar hinfallen. Verstauchungen oder im schlimmsten Fall Knochenbrüche können die Folge sein. Außerdem ist der ganze Körper und somit auch die Muskulatur jetzt kälter, Zerrungen drohen. (Gesundheitsserie „Typische Läuferbeschwerden“ von Dr. Bader)

Kann die kalte Luft die Atemwege reizen?

Dr. Bader: Zwar wird es in Deutschland in der Regel nicht so extrem kalt, dass die körperliche Belastung im Winter zu groß für das Lauftraining wäre. Allerdings kommt es auf den Einzelfall an. Im Zweifelsfall besser einmal kurz den Arzt um Rat fragen. Das gilt vor allem für Laufsportler, die Begleiterkrankungen wie zum Beispiel Asthma haben. Falls doch arktische Kälte einbricht, gilt: Ab minus 15 Grad sollte man vorsichtig sein, weil ab solchen Temperaturen das eigene Bronchialsystem zur Erwärmung der eingeatmeten Luft an seine Grenzen stößt.

Laufen im Winter Landschaft

Welche Tipps haben Sie für den Schutz der Atemwege im Winter?

Dr. Bader: Um Infekten und Reizhusten vorzubeugen, sollte man bei kalten Temperaturen unbedingt durch die Nase atmen. So kommt die Luft erwärmt und gefiltert in den Bronchien an. Spätestens bei Temperaturen unter fünf Grad (bei besonderer Empfindsamkeit unter zehn Grad) sollte der Läufer die Atemwege mit einem Tuch vor Mund und Nase zusätzlich vor der kalten Luft schützen.

Welche Laufbekleidung ist im Winter ratsam?

Dr. Bader: Im Winter ist Funktionswäsche für den Laufsport ideal, die keine Feuchtigkeit speichert und so den Körper nicht auskühlen lässt. Bewährt hat sich das Zwiebelprinzip: Zwischen den Kleidungsschichten können sich Wärmepuffer bilden. Besser keine komplett winddichte Jacke als äußerste Schicht tragen, denn der Schweiß kann dann nicht nach außen entweichen. Besser für die Luftzirkulation sind Jacken mit Lüftungsschlitzen. Mütze, Handschuhe und Funktionstuch nicht vergessen!

Auf Sportschuhe mit gutem Profil tragen. Ein absolutes Muss im Winter sind Sportschuhe mit gutem Profil, um mehr Halt auf eventuell glatteren Böden zu haben. Vorsicht: Bei vereistem Boden nutzt das beste Profil nichts (außer man nutzt Spikes, siehe Testbericht). Dann besser aufs Laufen verzichten und vielleicht doch mal ins Fitnesscenter gehen oder Schwimmbad ausweichen.

Wo und wie sollte man bevorzugt im Winter laufen?

Dr. Bader: Da im Park oder Wald die Verletzungsgefahr im Winter höher ist, sind Fußwege im Winter die bessere Alternative. Wichtiger als sonst ist es im Winter vorausschauend zu laufen. Besonders eisige Stellen können rechtzeitig umrundet werden, wenn man stets einige weitere Meter der Wegstrecke im Blick hat. Dies gilt in noch stärkerem Maße, wenn Schnee liegt und glatte Stellen darunter meist schwer zu erkennen sind. Unfallexperten empfehlen, im Winter etwas vornüber geneigt zu laufen. So vermeidet man – falls man ausrutscht – einen Sturz nach hinten. Man sollte jetzt auch etwas langsamer laufen. So belastet man die Füße mit mehr Gewicht beim Auftreten und die Gefahr auszurutschen sinkt.

Laufen im Winter Landschaft

Das Aufwärmen kommt bei vielen Läufern immer (noch) zu kurz, warum ist es im Winter noch wichtiger?

Dr. Bader: Um Zerrungen zu vermeiden, müssen die Muskeln besonders in der kalten Jahreszeit vor Trainingsbeginn gut aufgewärmt werden. Die Aufwärmübungen dienen dazu, den Körper auf die Belastung vorzubereiten. Die Durchblutung steigt, der Kreislauf kommt in Schwung.

Welche weiteren Tipps für das Laufen im Winter können Sie uns geben?

Dr. Bader: Im Winter läuft man am besten im hellen, vor Einbruch der Dämmerung. Dann sieht man die Wege und eventuell glatte Stellen sofort und kann gegebenenfalls ausweichen. Außerdem ist es ratsam, im Winter bekannte Strecken zu laufen und keine neuen Wege zu erkunden. Dort sieht man eventuelle Laufhindernisse schneller. Lässt sich aus zeitlichen Gründen ein Training nur im Dunklen einrichten, muss man für andere Verkehrsteilnehmer gut sichtbar sein. Das funktioniert am besten mit reflektierenden Westen oder Jacken sowie blinkenden LED-Lichtern am Ärmel. Empfehlenswert ist auch eine gute Stirnlampe (weitere Tipps: Sicher Laufen in der Dunkelheit).

Warum sollten wir auch im Winter ausreichend trinken?

Dr. Bader: Beim Laufen kommt jeder ins Schwitzen – sogar im Winter. Damit kein Schwindel oder Kopfschmerz auftritt, muss die verloren gegangene Flüssigkeit dem Körper wieder zugeführt werden. Daher vor und nach dem Training ausreichend trinken. Empfehlenswert sind wie im Sommer isotonische Getränke oder Apfelschorle.

Wir bedanken uns für das Interview „Laufen im Winter“, geführt von Gabriele Hellwig.

Unser Experte: Dr. Ulrich Bader ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in der OrthoPraxis in Gräfelfing www.ortho-graefelfing.de. Dr. Bader besitzt große Expertise in der konservativen und operativen Behandlung von Hochleistungssportlern und Freizeitsportlern.

Extra Tipp

Bei Laufsportarten wird ein lockeres Einlaufen mit sich direkt anschließendem kurzen dynamischen Dehnen empfohlen (Dehnen im nicht schmerzhaften Bereich mit kurzem Halten und raschen Verlassen dieser Position; dies mehrfach wiederholen). Nach dem Laufen ist dann eher ein statisches Dehnen sinnvoll, also Halten der Dehnposition über einen längeren Zeitraum; aber immer im schmerzfreien Bereich! Dr. Bader betont: „Vor dem Laufen kann statisches Dehnen dagegen kontraproduktiv sein, da die Muskelspannung verringert wird und damit das Verletzungsrisiko sich sogar erhöhen kann!“

 

Vor dem Lauf: dynamisches Dehnen – Position kurz halten und rasch verlassen

 

Nach dem Lauf: statisches Dehnen – Position lang halten

Das könnte dich auch interessieren: 

Spikes für Straßenläufe kahtoola Nanospikes
Warum ist Entschleunigung wichtig
runtimes-newsletter-alle-zwei-wochen
0