Knorpelschäden am Knie optimal behandeln

Welche große Bedeutung der Knorpel für das Kniegelenk hat, nimmt man meistens erst wahr, wenn etwas mit dem Knorpel nicht in Ordnung ist. Wie macht sich ein Knorpelschaden am Knie bemerkbar? Plötzlich tut das Knie weh, anfangs vor allem beim intensiven Training. Später können sogar beim langsamen Laufen Schmerzen auftreten. Wichtig ist, zeitnah die Behandlung zu beginnen, damit es nicht schlimmer wird.

Knorpelschäden am Knie

Die Knorpelschicht im Knie ist vergleichbar mit Stoßdämpfern im Auto. Orthopäde Dr. Ulrich Bader erklärt: „Jedes Gelenk im Körper – und somit auch das Knie – wird aus verschiedenen Knochen gebildet. Damit die Knochen nicht aufeinanderreiben, liegt eine Knorpelschicht dazwischen. Die Knorpelschicht dient jedem Gelenk als „Puffer“ und Gleitschicht. Wird der Knorpel immer dünner, kommen sich die gelenkbildenden Knochen immer näher. Knirschgeräusche und Knieschmerzen sind die Folgen.“

Ursache für solche Knorpelschäden können bei Laufsportlern eine chronische Überlastung sein und vorangegangene Unfälle, die eigentlich nichts mit dem Laufsport zu tun haben. Zum Beispiel ein Kreuzbandriss vom letzten Skiurlaub. Denn als Folge solcher Unfälle wird das Knie oft anders belastet und die Knorpelschicht nutzt sich schneller ab.

„Eventuelle Fehlstellungen der Füße oder Achsenfehlstellungen wie X- oder O-Beine können ebenfalls eine Rolle spielen, denn auch dadurch wird das Knie dauerhaft falsch belastet“, sagt Dr. Bader.

Bei Laufsportlern, die erst im höheren Alter mit dem Laufsport beginnen, kommt hinzu, dass sie zum Teil schon einen Knorpelschaden haben bevor sie überhaupt mit dem Laufen beginnen, wie Dr. Bader berichtet: „Durch die Stoßbelastung beim Laufen klagen die Betroffenen dann über Knieschmerzen, obwohl das Laufen nicht die eigentliche Ursache ist, sondern vielmehr eine natürliche Abnutzung durch zunehmendes Alter.“

Die umliegenden Muskeln mit Physiotherapie stärken

Das Problem: Von allein verschwindet der Knorpelschaden leider nicht. Im Gegenteil: Unbehandelt verschlimmert er sich meistens. Im Extremfall ist irgendwann überhaupt keine Knorpelschicht mehr vorhanden. Die Knochen reiben direkt aufeinander. Die Diagnose lautet dann: Kniearthrose.

Sind Knorpelschäden am Knie heilbar? Die Behandlung richtet sich danach, wie ausgeprägt die Knorpelschäden sind (s. Info-Kasten). Vor allem im Anfangsstadium, wenn noch Knorpel vorhanden, kann mit Physiotherapie sehr viel erreicht werden. Durch spezielle Übungen werden die Muskeln gekräftigt und das Kniegelenk wird damit entlastet. Dr. Bader: „Physiotherapie bringt insbesondere bei Knorpelschäden im Bereich der Kniescheibe meistens sehr gute Erfolge. Ziel ist es, die umliegenden Muskeln so zu stärken, dass die Kniescheibe wieder gerade geführt wird.“ Ganz wichtig sind bei vielen Patienten Fußeinlagen. „Die Einlagen können leichte Fuß- oder Beinfehlstellungen oft gut ausgleichen, sodass das Knie entlastet wird und sich der Knorpel nicht weiter abnutzt.“

Bewährt haben sich Injektionen mit plättchenreichem Blutplasma

Um akute Schmerzen zu bekämpfen, können vorübergehend Schmerzmittel genommen werden. Auch Spritzen ins Kniegelenk mit Hyaluronsäure, einem Baustein des Knorpels, können Schmerzen und Beweglichkeit bessern. Bewährt haben sich auch Injektionen mit speziell aufbereitetem Eigenblut (plättchenreiches Blutplasma). Denn die Knorpelschicht kann sich durchaus regenerieren und stabilisieren.

„Es ist auch möglich, Knorpelzellen wiederaufzubauen. So können zum Beispiel Knorpelzellen gezüchtet werden. Dafür stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Zum Beispiel die Mikrofrakturierung, auch Knorpelanfrischung genannt. Hier bildet der Körper selbstständig neuen Gelenkknorpel.

Dr. Bader: „Inzwischen gibt es auch Kombinationsbehandlungen, die vielversprechend sind. Zum Beispiel die Behandlung mit plättchenreichem Blutplasma und sogenannten Knorpelflakes. Dadurch soll sich schneller und besser neuer Knorpel im Knie bilden.“

Wer eine sehr ausgeprägte Beinfehlstellung hat, für den kommt gegebenenfalls eine Achsenkorrektur infrage. Im fortgeschrittenen Zustand, wenn kein Knorpel mehr vorhanden ist, kann die Implantation eines künstlichen Kniegelenkes eine Alternative sein. Dr. Bader: „Zunächst wird aber immer versucht, mit konservativen Maßnahmen eine Besserung zu erzielen.“

Vorbeugen ist möglich

  • Weiter Sport treiben. „Die wichtigste Vorbeugung vor Knorpelschäden im Knie ist regelmäßige Bewegung“, sagt Dr. Bader. Nur durch körperliche Aktivität wird der Knorpel ernährt. Denn der Knorpelstoffwechsel funktioniert wie ein Schwamm, der zusammengedrückt wird und sich wieder ausdehnt. Bei jedem Schritt, den wir laufen, wird der Knorpel mit wertvollen Nährstoffen versorgt.
  • Umliegende Muskeln stärken. Je stärker die Muskeln rund um das Knie sind, desto mehr Halt hat das Gelenk und desto geringer ist das Risiko einer kontinuierlichen Abnutzung des Knorpels am Knie. Es lohnt sich daher, gezielt die umliegenden Muskeln zu stärken.
  • Dämpfende Sportschuhe tragen. Je öfter man läuft, desto wichtiger sind sie: gute Laufschuhe. Dr. Bader: „Dämpfende Sportschuhe federn besonders beim schnellen Laufen den Druck auf das Knie besser ab.“
  • Auf einen guten Laufstil achten. Wer Knieprobleme hat, für den ist sicher eine Laufbandanalyse empfehlenswert. Dort wird man schnell eventuellen Technikfehlern auf die Schliche kommen. Oft helfen dann sehr einfache Maßnahmen, um die Knieprobleme in den Griff zu bekommen. Zum Beispiel sich beim Laufen mehr aufzurichten, anders mit den Füßen auftreten oder ähnliches.
  • Flache Strecken laufen. „Bergauf und bergab – das ist eine besondere Herausforderung für die Knorpelschicht im Knie“, sagt Dr. Bader. Wer Knieprobleme hatte, sollte daher möglichst im flachen Gelände laufen.

Knorpelschäden – es gibt vier Schweregrade

Knorpelschäden im Kniegelenk werden in vier Gruppen eingeteilt. Je nach Schweregrad unterscheidet man den Knorpelschaden:

  • Knorpelschaden Grad 1: Leichte Erweichungen sind am Knorpel zu sehen, ansonsten ist der Knorpel vollständig vorhanden und glatt.
  • Knorpelschaden Grad 2: Der Knorpel ist aufgeraut, kleine Risse treten auf. Die Einriss-Tiefe ist aber kleiner als 50 Prozent der Knorpeldicke.
  • Knorpelschaden Grad 3: Es bestehen Risse und Löcher im Knorpel. Die Knorpeldefekte sind größer als 50 Prozent der Knorpeldicke. Zum Teil reichen sie bis zur Knochenschicht.
  • Knorpelschaden Grad 4: Stellenweise ist die Knorpelschicht völlig zerstört. Der darunter liegende Knochen liegt völlig frei („Knorpelglatze“).

Unser Experte: Dr. Ulrich Bader ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in der OrthoPraxis in Gräfelfing. Dr. Bader besitzt große Expertise in der konservativen und operativen Behandlung von Hochleistungssportlern und Freizeitsportlern. Mehr Infos: www.ortho-graefelfing.de

Autorin: Gabriele Hellwig

Dies ist Teil 7 der Serie. Informiere dich auch über weitere häufige Laufverletzungen – zur Übersicht: Gesundheitsserie Orthopädie – typische Laufbeschwerden im Blick: Füße, Knöchel, Schienbein, Knie

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