Michele Ufer
Mit welchen mentalen Trainingsmethoden kann unsere Leistung im Sport gesteigert werden? Dr. Michele Ufer hat dazu viele Jahre geforscht und ein paar waghalsige Lauf-Experimente auf sich genommen: Er lief 250 km durch die Atacama-Wüste in Südamerika, aber auch durch den Regenwald und im Himalaya.
Der Sportpsychologe und Grenzgänger erklärt, welche Motivationssprüche in die Tonne gehören, wie man Motivationsprobleme in den Griff bekommt, warum die Magie eines Ziels ausschlaggebend für den Erfolg ist und wann man sein motivationales Potential verschenkt. Ein sehr unterhaltsames Gespräch über „Eigene Grenzen erweitern und Motivationsbremsen lösen“ bei uns im Podcast. Und hier geht es weiter mit dem persönlichen Steckbrief von Michele – unserem Laufhelden:
Steckbrief Michele Ufer
Deine Berufung:
Menschen inspirieren, bewegen und beim Erreichen bedeutsamer und manchmal auch außergewöhnlicher Ziele zu begleiten.
Dein schönstes Lauferlebnis:
Werde ich in der Tat oft gefragt, aber mit einer Auswahl eines Erlebnisses tue ich mich schwer. Es gibt so viele dieser magischen Momente. Vielleicht das Rennen in der Atacama-Wüste, das meinem Leben so gravierende Veränderungsimpulse gab. Vielleicht das Ende einer langen Etappe mitten im Nichts des Amazonas Regenwalds, wo in einem kleinen Dorf der Häuptling mit einer aufgeweichten Rolle Klopapier stolz die Ziellinie aufspannt. Vielleicht eines der Briefings unseres eigenen Laufs TRAILDORADO, wo Teilnehmer (und wir vom Orgateam) schon zu Beginn vor Rührung zu weinen beginnen.
Vielleicht der Moment, wo mich nach einer 80km langen Etappe in der Namib-Wüste ein israelischer Elitesoldat, der vor mir ins Ziel kam, liebevoll fragt, ob er mir helfen könne und mir dann behutsam Schuhe und Socken auszieht, Wasser holt und mich in den Arm nimmt (obwohl ich total verschwitzt bin und sicher nicht besonders frisch rieche). Ich könnte seitenweise weiterschreiben, denke, es ist die Kombination all der Momente.
Dein Lieblingsort in der Welt:
Ich wünschte, ich könnte eine Antwort geben, aber den EINEN Ort habe ich nicht, denke, bei mir gibt’s eher Wohlfühlorte und die variieren. Ich finde sie da, wo es mir gut geht und das ist je nach aktuellem Bedürfnis durchaus unterschiedlich. Manchmal ist es die unendliche Weite der Wüste, manchmal der laute Festival-Dancefloor mit vielen Menschen um mich herum, manchmal die eigene Couch, oft sind es die Arme meiner Frau.
Der dümmste Motivationsspruch, den du je gehört hast:
Tut mir echt leid, aber auch hier fällt es mir schwer mich zu entscheiden. Es gibt so viel Mist, der rauf und runter selbst von vermeintlichen oder selbst ernannten Experten nachgeplappert wird, ohne dass es dadurch richtig(er) würde. Sprühe, die hier oder da auf den ersten Blick sicherlich sexy klingen mögen, die aber, wenn man mal genauer drüber nachdenkt und hinschaut, den Realitäten des wahren Lebens kaum standhalten.
Zu meinen Favoriten zählen: „Wenn du willst, kannst du alles erreichen“, „Denk immer positiv!“, „Reiße deine Grenzen ein“. Da ich mal in einem Buch (LIMIT SKILLS) den Begriff der Grenzkompetenz eingeführt habe, votiere ich für letzteren Spruch. Vor dem Hintergrund, dass Stress, Erschöpfung, Burnout anscheinend in vielen Bereichen des Lebens stetig zunehmen, sollte man wohl eher achtsam und partnerschaftlich mit seinen Grenzen umgehen.
Was macht dir Gänsehaut?
Geile Musik, Liebe, innere Bilder und Gedanken von bewegenden Projekten und Momenten, egal, ob ich sie bereits absolviert habe oder noch angehen werde, aber bereits vor meinem inneren Auge als Erinnerung an eine erfolgreiche Zukunft manifestiert habe. Das energetisiert ungemein. Es funkt mich an und das zeigt sich unmittelbar als Gänsehaut.
Womit kann man dich jagen?
Weil ich grad von einem Event komme, wo einige Leute verrückt danach waren: mit Schlager-, Karnevals- & Ballermann-Musik. Aber auch mit Zigarettenqualm. Daheim wurde früher viel geraucht. Ich habe es gehasst und hasse es noch immer. Gibt sicher noch so einiges, aber wenden wir uns lieber den positiven Dingen zu.
Dein Ziel in diesem Jahr:
Ich habe eine ganze Reihe von Zielen. Sportlich: Den 4 Deserts Grand Slam erfolgreich absolvieren, eine Serie aus 4 Ultramarathonrennen á 250km, also insgesamt 1.000km in den unwirtlichsten Gegenden der Welt: der Namib- und Atacamawüste, den Kaukasus und die Antarktis.
Darüber hinaus die Veröffentlichung zweier Bücher sowie der Einstieg in ein tolles Buchprojekt, das im März 2023 das Licht der Welt erblicken wird. Ich möchte eine neue Coachingausbildung auflegen, ein paar coole Coaching- und Vortragsmandate in ganz unterschiedlichen Bereichen auch jenseits des Sports, sowie das 10-jährige Jubiläum unseres Trailrunning-Festivals im Oktober (TRAILDORADO) rocken. Und, meine absolute Prio A: gesund, fröhlich und jung im Herzen bleiben.
Welche Bücher sind von dir bisher erschienen?
Es gibt einige Bücher, in denen bin ich mit einem Beitrag oder Kapitel dabei, wie dem internationalen Standardwerk zur Flowforschung Advances in Flow Research. Mitveröffentlicht habe ich „Selbstmotivierung für Sportler. Motivationstechniken zur Leistungssteigerung im Sport“.
Und dann gibt’s einige Bücher, die ich allein veröffentlicht habe und wo 100% Ufer-Style drin steckt, auch wenn sie sich konzeptionell mitunter deutlich unterscheiden können:
- Mentaltraining für Läufer. Weil Laufen auch Kopfsache ist
- Mental Toughness for Runners. A Complete Guide
- LIMIT SKILLS. Die eigenen Grenzen respektieren, testen, überwinden
- FLOWJÄGER. Motivation, Erfolg und Zufriedenheit beim Laufen
- Motivationspsychologische Grundlagen des Flowerlebens. Merkmale, Entstehung, Auswirkung von Flow im Sport, Beruf und Alltag
Tja, und wie bereits erwähnt, bitte vormerken: im Februar oder März kommt ein neues ziemlich cooles Buch heraus. Mehr kann ich an dieser Stelle aber noch nicht verraten.
Wo findet man mehr über dich?
Sowie auf diversen Social Media Kanälen
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Fotos: Michele Ufer