Über Sport im Alltag, Intensität und die Irrtümer im Training

Ein Interview mit Personal Trainer Bernd Rosso zu unserem Monatstipp “Carpe Diem: Effektiver trainieren”

Als Triathlet und Personal Trainer schaut Bernd Rosso auf Jahrzehnte wertvoller Erfahrung zurück und hat sowohl für Hobbyläufer als auch für ambitionierte Allrounder sehr viele gute Tipps auf Lager. Wie Effektivität und Effizienz im Trainingsalltag wirklich gelingen, wie sich seine Sicht auf Trainings-Erfolge mittlerweile verändert hat, was die größten Irrtümer im Training hinsichtlich Effektivität sind und was wir ab sofort ganz konkret tun können, um fit zu werden, das erzählt der leidenschaftliche Sportler und Trainer hier im Interview.

Irrtümer im Training Interview mit Bernd Rosso

Bernd Rosso betreibt seit seinem 14-ten Lebensjahr mit großer Freude den Laufsport und fand später im Triathlon seine große Leidenschaft. Seit über 20 Jahren hilft er als Personal Trainer in Berlin und ganz Deutschland Menschen beim Erreichen ihrer sportlichen bzw. gesundheitsbezogenen Ziele. Er ist immer noch sehr fit und hat als Sportler und Trainer einiges erlebt – auch viele Irrtümer im Training.

Du hast als Sportler und Trainer viel Erfahrung – wie sehr hat sich deine Sicht auf effektives Training in den letzten Jahren verändert?

Bernd Rosso: „Effektives Training steht ja immer eng im Zusammenhang mit der Zielsetzung, dem Alter und dem physiologischen bzw. pathophysiologischen Gesamtzustand. Von daher hat sich mein Blick mit den Jahren schon sehr verändert.

Heute steht bei mir als Sportler und als Trainer viel stärker die Gesundheit und Homöostase im Vordergrund – also das harmonische Gleichgewicht der folgenden Kriterien:

  1. optimierte Herz-Kreislauf-Gesundheit
  2. verbesserte Mobilität und Motorik
  3. idealere Zusammensetzung der Körpersubstanzen (Fett, Muskeln, etc.)
  4. Verbesserung der geistigen und mentalen Fitness
  5. Aktivierung des Stoffwechsels
  6. Optimierung der Knochendichte

Effektivität bedeutet heute für mich: Das Notwendige mit dem Nützlichen zu verbinden, um das bestmögliche Trainingsergebnis zu erzielen.

Es geht mir nicht nur darum Leistung abzurufen, sondern diese Leistung auch effektiv und effizient mit den oben genannten Kriterien zu verknüpfen und im Alltag für mich und meine Klienten nutzbar zu machen.

Ich schaue mehr auf das Gesamte, denke langfristiger und ganzheitlicher, als es früher der Fall war.

Zum Beispiel finden extrem lange, kräftezehrende Lauf- oder Radeinheiten in meinem Trainingsalltag eher seltener statt. Die Regeneration und Ernährung spielen eine zunehmend wichtige Rolle. Auch das Immunsystem als Basis für eine gesunde Leistungsfähigkeit beim Sport und im Alltag steht deutlich stärker im Vordergrund.

Verletzungs- und Krankheitsbedingte Trainingspausen versuche ich effektiv zu vermeiden. Die Trainingsintensität orientiert sich eben nicht mehr ausschließlich am Leistungsfortschritt. Ich denke es ist wichtig auch im Training weise zu werden – um lange gesund zu bleiben.

Das heißt nicht, dass es im Alter nur noch Rückschritte gibt. Erfahrung und Disziplin können zunehmende physiologische Einschränkungen bei älteren Sportlern gut ausgleichen!

Letztlich beinhaltet Effektivität heutzutage auch die Nutzung und den Einsatz von diagnostischen Möglichkeiten. Speziell für Läufer gibt es viele wichtige und richtige analytische Verfahren, die man in Anspruch nehmen sollte – um die Lauftechnik, das Bewegungsverhalten und den Laufstil effektiv zu optimieren. Denn damit können wir dem Verschleiß und gewissen Anfälligkeiten schon etwas entgegensetzen.

Ihr habt es ja schon sehr treffend in eurem monatlichen Motivationstipp beschrieben:

Effektivität bedeutet die richtigen Dinge zu tun,
Effizienz bedeutet die Dinge richtig zu tun!

Daran muss ich mich und meine Klienten auch immer wieder erinnern.“

Wie hast du selbst früher trainiert und wie trainierst du heute?

Bernd Rosso: „Bei jüngeren Sportlern ist das Energielevel, die Maximalkraft und die Regenerationszeit deutlich besser. Vor diesem Hintergrund habe ich früher natürlich deutlich länger und intensiver trainiert, mich teilweise völlig ausgepowert, um danach wieder recht schnell fit und belastbar zu sein.

Das Erreichen neuer Bestzeiten, die Meisterung längerer Distanzen und insgesamt ein ständiger leistungsorientierter Fortschritt standen klar an erster Stelle. Als Leistungssportler achtet man leider oft erst zu spät auf gesundheitliche Überlastungssymptome. Daher waren Verletzungspausen und Krankheitsbedingte Auszeiten bei mir nicht selten die Folge.

Heute setze ich meine Energie deutlich gezielter und sinnvoller ein, achte deutlich mehr auf die Kraft von Regeneration und gesunder Ernährung, mein Immunsystem und die Alltagskompatibilität.

Ich habe meine Irrtümer im Training entdeckt. Wenn ich früher mitunter 6-8 Stunden am Tag trainiert habe, setze ich meine heutige Trainingsplanung deutlich gezielter und dafür kürzer und effektiver um.

Längere Laufeinheiten (2-3 Stunden) sind nach wie vor Teil meines Trainingspensums, allerdings kommen sie deutlich seltener vor. Eine sinnvolle Kombination aus Intervalleinheiten und längeren Grundlagen sowie 2–3-mal pro Woche ein unterstützendes Muskelkrafttraining sind wichtige Inhalte meines heutigen Trainingsplanes als Läufer.“

Was sind die großen Irrtümer im Training in Hinsicht auf Effektivität?

Bernd Rosso: „Der größte Irrtum besonders beim Ausdauersportler ist aus meiner Sicht die Einstellung:

Viel hilft viel! Das ist totaler Unsinn.

Extreme Einheiten führen eher in die Erschöpfung und sind kontraproduktiv zum Erreichen des Ziels.

Das Immunsystem wird geschwächt und die Leistungsfähigkeit kann deutlich eingeschränkt werden. Letztlich sollte ein gutes effektives Training das gesamte Leistungsspektrum positiv unterstützen.

Einseitige Überlastungen sind ineffektiv und gesundheitsgefährdend. Das gleiche gilt auch für das wichtige Muskelkrafttraining. Ein gezieltes Läuferorientiertes Muskelkrafttraining ist sehr effektiv, stundenlanges „Pumpen“ ist kontraproduktiv und schadet eher als es nützt. Effektiv bedeutet zielgerichtet das Richtige zu tun.“

Hast du ein Vorbild gehabt oder hast du heute noch ein Vorbild in Sachen Training oder Ernährung?

Bernd Rosso: „Ich hatte nie ein persönliches Vorbild, eine Person, die mich geleitet hat oder so etwas in der Art. Aber mich haben immer Menschen beeindruckt, die fokussiert und zielorientiert ihr “Ding gemacht“ haben.

Disziplin und Authentizität sind ganz zentrale Kriterien in meiner Arbeit als Personal Trainer. Und wie gesagt: Mit Erfahrung und Disziplin kann man auch im Alter noch viel erreichen.“

Mehr zu Bernd Rosso findest du hier: www.fitness-trainer.berlin

Höre auch unseren Podcast mit Bernd Rosso: Altersgerecht trainieren – wie trainiere ich richtig in meinem Lebensjahrzehnt

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