Der Vodno-Matka Trail

Es gibt Länder, die sind gar nicht so weit weg und mir bisher dennoch völlig fremd, eines davon ist Nordmazedonien. Um mehr über dieses spannende Fleckchen Erde zu erfahren, habe ich mich mit meinem Mann beim Vodno-Matka Trail angemeldet, einem Lauf, der nur einen Katzensprung von der Hauptstadt Skopje entfernt malerische Ausblicke und ordentlichen Muskelkater aufgrund seiner anspruchsvollen Strecke verspricht.

Vodno-Matka Trail

Erste Eindrücke

Der Hinweg ist schon ein Abenteuer für sich: Wir fahren von Leipzig über Tschechien und die Slowakei nach Ungarn, von dort geht es über Serbien nach Nordmazedonien. Zuerst schauen wir uns die malerische und fassettenreiche Hauptstadt Skopje an, in welcher sich auch die Startnummernausgabe befindet.

Skopje liegt im Norden der Republik, keine 20 Kilometer südlich der Grenze zum Kosovo und hat aufgrund seiner Geschichte und Lage viele Gesichter. Die Sicht von der Festung ist traumhaft schön, die vielen wunderschönen Bauwerke am Fluss Vardar und die wuselige Altstadt laden zu einem langen Spaziergang ein. Und im Südwesten der Stadt erhebt sich der Hausberg Vodno – den wir beim Vodno-Matka Trail noch hautnah erleben werden.

Ein verrückter Zufall

Als wir in einem Sportladen unsere Startunterlagen samt Becher und Shirt abholen, lernen wir drei der Event-Helferinnen kennen. Martina und Sofia sind natürlich laufbegeisterte und stolze Nordmazedonierinnen: „Bei uns gibt es viele Sonnentage, eine Menge Hügel und Berge und viele Trails!“ Sie erzählen mir mit leuchtenden Augen von der Schönheit der vielfältigen Laufmöglichkeiten und erinnern sich, wie alles vor etwas mehr als 10 Jahren begann. Damals war Sofias Ehemann der Erste, der in Nordmazedonien mit dem Trailrunning anfing und zunächst konnte er auch nur rund 20 Personen fürs Laufen abseits der festen Wege begeisterten. Heute sind es über 500, die den Vodno auf seinen vielfältigen Pfaden rennend erkunden.

Laut Sofia und Martina werden wir mit Vodno und Matka zwei der größten Schönheiten Nordmazedoniens kennenlernen – beide werden bei dem anstehenden Event erfahrbar: „Allerdings nur bei der langen 40-Kilometer-Strecke,“ erklären sie schmunzelnd, da ich mich nur für die kürzere Strecke angemeldet habe. „Bei der kürzeren Route läufst du zum höchsten Punkt und siehst Matka – aber du wirst nicht die Faszination des Canyons sehen und dich danach auch nicht wieder hinauf quälen müssen!“

Während ich mich noch über die kulinarischen Highlights des Landes informieren lasse, ertönt hinter mir ein lautes und begeistertes „Hallo!“ Ausgerechnet hier und jetzt treffen wir Conny, eine Deutsche, die im Kosovo lebt und arbeitet, die mein Mann Markus vor ein paar Jahren beim Marathon in Afghanistan kennengelernt und mir schon viel von ihr erzählt hat.

Vodno-Matka Trail

Die Läuferwelt ist klein und immer für eine Überraschung gut. Conny hat sich lange bei „Free to Run“ dafür eingesetzt, dass auch in Ländern wie Afghanistan Frauen und Mädchen die Freiheit und Freude des Laufsports erfahren können. Die Geschichten, die sie mir erzählt, sind bewegend, teilweise herzzerreißend. Conny ist wie ich nicht ganz fit – will aber am nächsten Morgen auch die 27 Kilometer in Angriff nehmen. Im Gegensatz zu mir weiß sie, worauf sie sich einlässt: „Das ist eine heftige Strecke, beim letzten Mal gab es Regen und Schnee. Ich habe deutlich mehr als fünf Stunden gebraucht und war fix und fertig!“

Vodno-Matka Trail

Der Weg zum Start und nordmazedonische Gastfreundlichkeit

Das Wetter ist in diesem Jahr grandios. Vom Hotel aus haben wir schon einen beeindruckenden Blick auf die Berge. Da der Start auf 8 Uhr angesetzt ist und wir nur 15 Minuten zum Startpunkt brauchen, sind wir recht entspannt. Eigentlich wollen wir uns ein Taxi nehmen und stehen vor dem Hotel, als zwei fröhliche Mazedonier samt Trailstöcken und Startnummern in ein Auto springen und uns fragen, ob sie uns mitnehmen dürfen. Markus und ich nehmen das Angebot sehr gerne an und erfahren von Dejan und seinen Freunden von ihrer Trail-Begeisterung, die noch gar nicht so viele Jahre auf dem Buckel hat.

Der Sport steckt hier noch in den Kinderschuhen,
trifft aber total den Nerv der Zeit

Dejan hat mit dem Laufen erst während der Corona-Pandemie begonnen, die ihn „psychisch an den Rand des Wahnsinns gebracht hatte.“ Der Vodno-Matka-Trail vor zwei Jahren war sein erster Wettkampf. Sein Leben hat sich seitdem auf den Kopf gestellt, er fühlt sich mit Mitte 40 so gut wie noch nie. Er kann kaum noch glauben, dass es mal eine Zeit gab, in der er keine 500 Meter am Stück gelaufen wäre.

Wir sprechen über hiesige Wildtiere, deutsche Maschinen und internationale Weinmessen – denn Dejans Ehefrau baut Wein an und verkauft in aller Welt, auch in Deutschland. Der nordmazedonische Wein ist ein Genuss, ich habe mir im Anschluss an das Rennen direkt mal einige Sorten im Supermarkt gekauft.

Die Serpentinen machen schon ein bisschen Lust auf mehr – wir bekommen erste Eindrücke des Berges Vodno, der über Skopje trohnt. Sein höchster Gipfelpunkt Krastovar liegt 1066m hoch, wir werden ihn noch zu spüren bekommen und das 77m hohe Millenniumskreuz aus Stahl von Nahem betrachten. Es ist bereits aus einer Distanz von ca. 100 Kilometern zu sehen und leuchtet am Abend auf die Stadt herab.

Vodno-Matka Trail

Der Lauf – 27 Kilometer, faszinierende Landschaften, wenig Asphalt und viele Höhenmeter

Es ist eine bunte Truppe, die sich am Sonntag zum Laufen versammelt – 522 Läufer aus 26 Ländern haben sich angemeldet, die meisten sind für die 27km registriert, etwas mehr als 100 trauen sich auf die lange 40km-Herausforderung und der Rest freut sich auf knackige 10 Kilometer. Der älteste Teilnehmer heißt Kiril Velkoski und ist 71 Jahre alt.

Für viele Teilnehmer ist der Vodno nur einen Schritt von der eigenen Haustür entfernt. So geht es auch Dejan Krle, dem Renndirektor: „Die meisten Leute kennen nur die zentralen Wege von Sredno Vodno bis zum Gipfel. Deswegen haben wir vor 7 Jahren beschlossen, unsere Trainingsrouten in eine organisierte Veranstaltung für alle erlebbar zu machen, um vergessene Trails, Schotterwege und neue Aussichtspunkte auf die umliegenden Berge zu erschließen.

Wir haben uns dabei ein wahnwitziges Ziel gesetzt: Überqueren Sie Vodno und Matka, besuchen Sie während des Laufs alle byzantinischen Kirchen, die tollsten Aussichtspunkte und meistern Sie jedes mögliche Trail-Terrain. Aber es musste höllisch hart sein. In den letzten 6 Jahren waren zwei Rennen mit knietiefem Schnee dabei, 2 Jahre hatten wir mit Regen und Matsch zu kämpfen – unvergessliche Erinnerungen für viele der Teilnehmer!“

In diesem Jahr ist das Wetter traumhaft schön. Aber wir können von großem Glück reden, denn am Tag darauf überzieht das Land ein großer Sturm…

Vodno-Matka Trail

Anfangs geht es über eine kleine Straße auf einen Waldweg, der uns schon bald zum Marschieren zwingt, da er sich in einen kleinen Pfad verwandelt und steil nach oben geht. Ein Nordmazedonier versucht mit mir zu sprechen, allerdings kann er weder Englisch noch Deutsch und so verständigen wir uns mit Händen und Füßen über unsere Namen, wo wir leben und welche Städte wie im Land des anderen kennen.

Der Wald ist urig, die Steigung zwingt immer wieder zur Schnappatmung

Hinter bzw. unter uns liegt Skopje.  Ich treffe Conny wieder, die mir von ihren bisherigen Lauferlebnissen erzählt. Die Strecke ist sehr vielseitig, es geht über schmale Waldpfade, dann auch über Forstwege mal hoch, mal runter – und zum Stahlkreuz, von welchen aus ein Weg uns recht lange über einen Bergkamm führt, der ein Panorama wie auf einer Postkarte ermöglicht, da bleibt einem schlichtweg die Spucke weg.

Vodno-Matka Trail

Ich laufe einige Kilometer lang mit einem Albaner, der Alpinist ist, in Dessau Architektur studiert hat und normalerweise auf der anderen Seite der Berge im Schnee unterwegs ist. „Da hinten ist der Kosovo, da komme ich her“, erzählt er mir und zeigt auf die Berge auf der rechten Seite.

Es ist faszinierend, wie viele Berge es von hier aus zu allen Seiten zu sehen gibt. Mir war nicht bewusst, dass sich die „albanischen Alpen“ ganz in der Nähe befinden. Es geht zum höchsten Punkt, und zum genialsten Aussichtspunkt – hier warten auch die Bergwacht und ein Blick auf die Matka-Schlucht, welche alle Teilnehmer der 40k-Strecke durchlaufen.

Wir sind froh, dass wir die kürzere Strecke meistern müssen und machen uns auf den Weg in ein Tal mit Blumenwiesen, Wäldchen und erneutem Blick auf herrliche Hügel- und Berglandschaften.

Vodno-Matka Trail

So laufen, klettern, wandern und tanken wir bei der nächsten VP auf – und treffen auch Dejan wieder. Die Verpflegungsstellen warten genau an den richtigen Plätzen und haben eine große Bandbreite an Köstlichkeiten bereit: Mich begeistern vor allem die Datteln, das frische Obst, es gibt Schokolade, allerlei Riegel, auch natürliche Proteinballs, geschmierte Brote und Nüsse und was das Läuferherz begehrt.

Vodno-Matka Trail

Die Strecke ist extrem abwechslungsreich und fordernd – für mich ist sie ein Traum: sehr naturbelassene Wege, ein ständiges Auf und Ab, vor allem das letzte Drittel macht einer ordentlichen sportlichen Heldenreise alle Ehre: Es geht fast nur noch nach oben, über einen Wald-und Wiesenweg, die Beine brennen, viele Teilnehmer machen kurze Pausen, da geht einem ganz schön die Pumpe.

Wieder sieht man Nordmazedoniens Hauptstadt unter sich liegend, aber immer mit einem anderen Blickwinkel, anderen Bäumen, anderem Untergrund, ein genialer Mix aus verschiedensten Pfaden und Wegen. Ab und zu kommt einem vor allem im letzten Teil ein Wanderer entgegen, aber ansonsten ist man mit der Natur und den anderen Läufern wie in einer eigenen Welt. Wunderschön. Mich bringt ein kleiner fieser Downhill nochmal ordentlich zum Schwitzen, die Beine sind müde, aber es ist nicht mehr weit – der letzte Kilometer führt über Teer zurück zum Start- und Zielbereich. Hier sitzen schon die Finisher auf dem Rasen, feiern jeden, der es munter über die Ziellinie schafft.

Vodno-Matka Trail

Es gibt sehr leckere Suppe, Äpfel, alkoholfreies Bier und Musik – und natürlich auch eine Medaille. Die Sonne scheint – und weil es auch einen Trail zum Hotel gibt, spazieren Conny und ich einfach runter, anstatt auf einen der Busse zu warten, die hier alle 30 bis 45 Minuten auftauchen sollen.

Es ist ein einzigartiges Rennen, bei dem man Land und Leute sehr gut kennenlernt. Ich werde wiederkommen – vielleicht um die lange Distanz mit der Schlucht zu erleben – oder um den Trail am Ohridsee mitzumachen, von dem ich so viel gehört habe.

Infos zum Laufevent

Die Vodno-Matka Trails gehörten vom ersten Event an zu den beliebtesten Trailrunning-Events Nordmazedoniens und zu den Top 5 der gesamten Region. In diesem Jahr wollten mehr als 600 Läufer teilnehmen, aber da die Veranstalter keine großen Sponsoren haben, halten sie es eher als ein kleineres familiäres und vereinsnahes Event und das macht ehrlich gesagt auch den Charme aus. Absolut empfehlenswert! Mehr Infos zum Lauf

Ort: Berg Vodno in Skopje

Besonderheiten und Stärken

Es gibt drei Strecken, so dass für jeden Trailläufer etwas dabei ist. Und wo Trail drauf steht, ist auch wirklich Trail drin: Es gibt sehr wenig Asphalt, viele unterschiedliche Untergründe, wahnsinnig schöne Aussichten, anspruchsvolle Abschnitte, jede Menge Up- und Downhill, garantiert keine Langeweile und es gibt sehr gut organisierte und breit aufgestellte Verpflegungsstellen.

Mir haben vor allem die Datteln und das frische Obst sehr gut geschmeckt, aber auch die Riegel, Proteinballs und herzhafte Leckereien haben Lust auf mehr gemacht. Das Orga-Team ist sehr herzlich und freundlich.

Vodno-Matka Trail

Fazit

Der Vodno Matka Trail 27K ist ein Rennen, das dich durch wunderschöne Wälder auf den Berg Vodno führt und dir eine unfassbar schöne Sicht auf verschiedene Bergketten und die Matka Schlucht bietet. Das Team ist klasse, die Organisation perfekt. Und die Strecke ist nicht nur atemberaubend schön, sondern auch irre anstrengend. Für Anfänger gibt es auch eine kurze knackige 10km-Strecke und für begeisterte Ultra-Läufer die 40k.

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