Sonne, Meer, Flowerpower, Berge, Trails und vor allem Treppen!
A bisserl was geht immer – der Madeira Island Ultra-Trail am 22.04.2023
Als ich mich dazu entschlossen hatte, dieses Jahr beim Madeira Island Ultra-Trail (MIUT) in der Marathondistanz mit 42,28 Kilometern, 1.700 Höhenmeter und satten 2.300 Tiefenmetern anzutreten, war mir definitiv nicht bewusst, auf was ich mich einlasse.
Zieleinlauf von Manuela nach der Marathondistanz
Sonne, Meer, eine portugiesische Insel und Berge. Soweit so gut. Im Laufe meiner Recherche, die nicht ganz so ausschweifend war, fiel allerdings in der Trailrunning Community gelegentlich der Begriff „Treppen“. Vieeeele Treppen. Dies verdrängte ich natürlich dezent. „Ich laufe ja nicht die vollen 115 km mit 7.100 hm“ – die Strecke, für die dieser Wettkampf bekannt ist und auch von den Trailläufern gefeiert wird. „Können ja dann gar nicht so viele Treppen sein!?“
Die Gesamtdistanz des vom ortsansässigen Laufverein »Clube de Montanha do Funchal« organisierte Bergrennen MIUT (Madeira Island Ultra-Trail) führt jährlich über 2.500 Teilnehmer aus 45 Nationen quer über die Insel Madeira von Porte Moniz bis nach Machico ins Ziel. Machico ist ebenfalls das Ziel der anderen Distanzen von 16km, 42km, 60km und auch der 85km. So wurde der Startpunkt der jeweiligen Distanzen auf verschiedene Orte der gesamten Insel verteilt.
Über den Wolken – MIUT Madeira 2023
Beeindruckende Location und Top-Organisation
Voller Vorfreude und überrascht über die Blumenpracht der Insel ging es sogleich am ersten Urlaubstag zur Startnummernabholung zum Forum Machico, dem Eventgelände direkt am Strand mit einer wunderschönen Palmen-Promenade.
Das Eventgelände
Bestens organisiert war nicht nur die Anmeldung im Vorfeld über die intuitive Website, sondern auch vor Ort. Genauso herzlich und organisiert hatte ich bereits beim Ankommen auf der Insel die Portugiesen wahrgenommen. Hin, Startunterlagen, raus, MIUT-Merchandisingartikel kaufen und ab in den Inselgenuss.
Tapering und Entspannung waren eigentlich der Plan. So ein Flug, auch wenn er nicht allzu lang war, schlaucht den Körper und vor allem die Beinchen. Aber Frau Dietzinger geht dann doch lieber Inselentdecken und drei Stunden an der Levada.
„Levadas“ heißen die künstlichen Wasserläufe, die in Portugal und auf Madeira erbaut wurden, um Wasser aus den niederschlagsreicheren Gebieten zu den landwirtschaftlichen Anbaugebieten zu leiten.
Do Calderao Verde entlang, recht flach, quer durch den grünen Kessel bis zum 100m hohen Wasserfall wandern. Ich bin einfach der Meister im „Not-Tapering“. Was soll’s – für den Wasserfall hatte es sich definitiv gelohnt die Beinchen zu schrotten. Freitag war ja auch noch da zum Entspannen und Füße hochlegen. Gesagt, getan …
Endlich Raceday! … und zack war auch schon Samstag – Wettkampftag! Die Tagesplanung war für einen Raceday eigentlich total entspannt, da der Start vom Gipfel des Monte Funchal erst auf 11:00 Uhr terminiert wurde. Perfekt auch für ein entspanntes Frühstück im Hotel. Das Shuttle, alias mein Mann, brachte mich direkt zum Start.
Vor dem Start
So top, wie das Event organisiert war gab es aber auch Shuttles vom Veranstalter ab Machico. Wetterbericht war ebenfalls optimal angesagt. Überwiegend wolkig, warm bei ca. 21 Grad, 1h Sonne und ab 16:00 Uhr Regen. Besser geht’s eigentlich nicht!? Naja, wären da nicht dicke Beine von der Wanderung und ein bisschen von zu viel Eiscreme irritierter Magen. Für mich stand eh nur Lauf mit „Flora und Fauna genießen“ an. Treppchentechnisch war auf Grund des starken Starterfelds eh nicht drin (Südeuropäische Trailrunner sind immer super stark – da haben die Deutschen Pfadläufer leider manchmal noch Aufholbedarf).
Der Start war wie erwartet flott, sehr flott. Ich brauche da immer etwas Zeit, um aufzutauen und mein schönes Buffet-Frühstück zu verdauen. Aber warum auch hetzen? Ich bin absoluter Trailstock-Fan und weil noch keine Treppen in Sicht war, sondern nur eine steile Betonrampe, wurden diese auch gleich gezückt. Auffi – 1.200 Höhenmeter am Stück. Erst auf Asphalt, dann ab in den Trail.
Hatte ich schon mal gesagt, wie schön Madeira eigentlich ist?
Vom breiten Forstweg über flowige Single-Trails, entlang einer Levada mit Blick über wunderschöne Täler und durch buschige Dschungel-Trails war alles geboten. Wundervoll abwechslungsreich und tatsächlich nur vereinzelt Treppen in Sicht.
Meine Wettkampfernährung funktionierte dieses Mal auch einwandfrei. Dank selbst gebackener Haferflocken-Bananen-Cookies, einem natürlichen Gel auf der Basis von Honig und Datteln als Treibstoff.
Bei den beiden Verpflegungsstationen gab es Wasser und glücklicherweise auch leckere Süßkartoffeln für mich. Zu meiner Überraschung ging es trotz der zunächst geglaubten „nicht erholten“ Beine besser als gedacht. Nach 10,9 km ging es tatsächlich schon zum Abstieg nach Porto de Cruz. Über 1.200 hm Downhill, teils flowig, entlang Levadas, für mich als technische Alpengams recht flach und untechnisch. Und plötzlich waren sie da – die Treppen. In allen Formen und Varianten, von groß, klein, aus Lehm, Stein, Metall, Holzbrettern, aus Wiese und Asphalt.
Erstaunlicherweise fand ich die total lustig. Für irgendetwas müssen die dicken Läuferschenkel ja mal gut sein?! Baam! Vorbei an unzähligen Läufern und einem portugiesischen Zumba-Song im Ohr war unten in Porto de Cruz die dritte und letzte Verpflegungsstation.
Hier füllte ich meine Reserven, Flasks und auch meinen Magen mit Süßkartoffeln und schön salzigen Chips. Übrigens: Beim Trailrunning niemals vergessen Elektrolyte nachzufüllen! Absolut essentiell, wie essen und trinken. Bei mir sind es immer je nach Hitze 2-3 Salztabletten pro Stunde.
Die Beine waren noch fit, also ohne Pause rüber zum letzten Anstieg. Unten wieder auf Normalnull waren die Temperaturen wesentlich höher und ich merkte, wie nach knapp 30 km und brutzelnder Sonne meine Energie etwas knapper wurde. Trinken, trinken, trinken… und auffi bis zum nächsten und letzten Gipfel und Downhill, nur noch 12 km bis zum Ziel.
Hitze und Levadas pur
Pustekuchen. Nix mit „nur noch“! Erst einmal steile Betontreppen in der prallen Sonne. Danach gab`s zum Auflockern eine wunderschönen Wald-Trail (leider einen wieder recht flachen und laufbaren) entlang der Klippen mit einem sensationellen Blick über das Meer. Herrlich! Wie schööön!
Manuelas Blick auf den Atlantik @Cano pictures
Plums! War ja klar, wie immer einmal im Rennen auf flacher Ebene schmeißt es mich dann halt doch. Zu wenig Konzentration am Ende und zu viele Gedanken über die leckere Verpflegung im Ziel. Einmal Schulterprellung bitte, Stöcke wieder in die Hand, Krone alias Sonnenbrille richten und zum Schlusssprint, naja – eher „Schlusschneckeln“ über den schier endlos flachen Levada-Trail.
Notiz: Wo ist der Regen, wenn man ihn mal braucht? Sorry, aber für mich als Downhill-Genuss-Läuferin ist der steile Downhill einfach der Wettkampftraum und fast schon Hygienefaktor. Runter geht einfach immer! Aber heute gab‘s zum Endspurt schön flach in der prallen Sonne.
Manuelas Blick auf Machico @Cano pictures
Endlich, nach 10 km führte mich der Single-Trail endlich runter. Meer und Strand in Sicht- und Zielmoderator in Hörweite. Hier gab’s noch ein besonderes Schmankerl: Genauso gut, wie die Leute auf der Strecke war auch das Zielpublikum drauf und feuerte mich durch den Zielkanal bis zum feierlichen Rundbogen begeistert an!
Unverhofft kommt oft ein Treppchenplatz
Puh geschafft! Jetzt ist mir doch glatt auf der Zielgeraden a bisserl schlecht geworden. Dank Hitze musste ich meine letzte Energie doch noch anzapfen. Aber natürlich hat es sich gelohnt! Einfach ein wunderschöner Lauf (mit dezentem Ausreißer zum Schluss)! Und als Sahnehäubchen bin ich doch tatsächlich mit einer Zeit von 5:32:28 h als 15-te Frau von 220 Teilnehmerinnen und 3. meiner Altersklasse (endlich AK 40!) durch den Zielbogen gelaufen.
Manuelas Zieleinlauf @Cano pictures
Gratulation an alle Sieger und alle Finisher der 14. Ausgabe des MIUT!
Den ersten Platz der Damen des MIUT über die Gesamtdistanz der 115 km belegte Manon Bohard, den zweiten Platz Lucie Buehler und Dritte wurde Lucie Jasmin.
- Manon Bohard (France) – 15:48:58
- Luzia Buehler (Switzerland) – 16:40:11
- Lucie Jamsin (France) – 16:47:56
- Paulina Krawczak (Poland) – 17:19:22
- Emilie Maroteaux (France) – 17:22:39
Madeira Island-Ultra-Trail Champion 2023: Manon Bohard
Gewinner der Herren wurde Lambert Santelli in der sagenhaften Zeit von 14:01:26 h.
Den zweiten und dritten Rang belegten Benoit Girondel und Luís Fernandes.
- Lambert Santelli (France) – 14:01:26
- Benoît Girondel (France) – 14:13:38
- Luís Fernandes (Portugal) – 14:23:42
- Alban Berson (France) – 14:24:35
- Walter Manser (Switzerland) – 14:33:34
Zieleinlauf des Siegers Männer: Lambert Santelli aus Frankreich
Alle Ergebnisse, auch die der vier weiteren Distanzen gibt es hier.
Der Schmerz geht, der Stolz bleibt und der Genuss nach dem Rennen …
Nach den obligatorischen Zielfotos geht‘s natürlich sofort zur Verpflegung direkt im Zielbereich. Tipp für den Veranstalter und einziger Kritikpunkt: Ein paar einheimische Früchte wären ein Highlight gewesen! #Papayalove
Dafür gab‘s im Anschluss tolle Duschen mit ökologischer Seife, gratis Massage durch passionierte Physiotherapeuten und ein feines Pasta- und Salatbuffet, sogar mit Schwammerl (Pilzen)! Auch für Kaffee, Tee und Kakao war gesorgt. Nach den genannten after-Race-To-Dos eines Trailrunners ging es dann erschöpft aber glücklich zurück ins Hotel nach Funchal der Hauptstadt Madeiras.
Erfreulicherweise stellte sich heraus, dass es zusätzlich eine Altersklassenwertung und somit Stockerl für mich am nächsten Tag zu geben scheint. Kaum zu glauben! Podest beim MIUT!! Siegerehrung gab es zeitgleich mit den anderen Distanzen bei strahlend blauem Himmel unter Palmen am Eventgelände.
Aktive Regeneration: Die Tage danach wurden natürlich entsprechend genutzt:
- mit bestem Fisch und Seafood-Genuss (Mein Tipp: Seafood Cataplana – unbedingt probieren!)
- mit noch mehr Treppen auf dem Weg vom Pico de Aeerio zum Pico de Ruivo und
- mit Sonne tanken und einem kleinen ersten Sonnenbrand am Meer
Mein Fazit zum MIUT auf Madeira – dem europäischen Hawaii: Extrem laufenswert, wunderschön, erholsam, super organisiert! Ein perfekter Start zum Energie- und Freudetanken für die anstehende Trailrunning-Saison!
Herzlichen Dank an das RUNTiMES-Magazin und das Team des MIUT für das so spontane Möglichmachen! Mehr Infos zum Madeira Island Ultra-Trail. Ich komme definitiv wieder!
Eure Manuela Dietzinger alias @trail.icious
Fotos: Manuela Dietzinger privat | MIUT Madeira
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